In einem Zarenreich, in einem Staat, und zwar in dem, in dem wir wohnen, lebte einmal ein Bauer. Der hatte drei Söhne – zwei kluge, und der dritte war ein Dummkopf. Sie waren sehr arm. Der Vater schickt seine Söhne fort: „Geht wenigstens einer als Knecht, zu Hause ist nichts zu tun!“ Die Söhne kamen zusammen, weder der eine noch der andere hat Lust, als Knecht zu arbeiten. Sie berieten und beschlossen, das Los zu werfen, wer Knecht werden soll. Sie warfen das Los, und es traf den ältesten Bruder, Knecht zu werden. Der älteste Bruder fragte herum und machte sich dann auf den Weg. Wurde Knecht bei einem Popen. Der gab ihm fast überhaupt nichts zu essen und ließ ihn den Winter über hungern. Der Älteste ging fort. Im nächsten Jahr ging der mittlere Bruder zu dem Popen und starb auch beinahe Hungers. Die Reihe kam an den kleinsten Bruder, Iwan den Dummkopf. Er packte seine Sachen und machte sich auf den Weg. Kommt aus dem Haus – da begegnet ihm der Pope. „Willst du weit fort, guter Mann?“ fragt der Pope. „Ich will mir Arbeit suchen“, sagt er. „Nun, verdinge dich zu mir als Knecht!“ – „Nimm mich!“ sagt er. „Wieviel gibst du?“ – „Hundert Rubel gebe ich für den Winter!“ -„Nun, wenn du hundert Rubel gibst, will ich bei dir bleiben!“ sagt er. „Nun, wenn du bleiben willst, dann steig auf den Schlitten, wir wollen zu mir fahren!“ Sie stiegen auf den Schlitten und machten sich auf den Weg zum Popen. Kamen zum Popen. Der Pope gab ihm Tee zu trinken und Abendbrot zu essen. „Leg dich schlafen!“ sagt er. „Morgen früh müssen wir nach Heu fahren.“ Am Morgen weckt der Pope den Knecht noch mitten in der Nacht: „Steh auf, wir müssen fahren!“ Er selbst trank sich an Tee satt, frühstückte ordentlich, dem Knecht aber gibt er nichts zu essen auf den Weg. Der Knecht spannte zwei Pferde an. „Nun, steig auf, Väterchen! Fahren wir!“ sagt er. Sie stiegen auf und fuhren los. Kamen hinaus aufs freie Feld. „Väterchen“, sagt er, „ich habe die Stricke vergessen! Wie sollen wir jetzt das Heu festbinden!“ – „Ach, du komischer Kauz. Nur gut, daß wir so bald dran gedacht haben! Lauf, ich warte hier!“ Iwan der Dummkopf kam zur Popin gerannt. „Mütterchen, gib mir schnell einen Lachs und eine Flasche Wein! Der Pope hat’s befohlen!“ Die Popin gab’s ihm sogleich. Der Knecht rannte wieder los. „Hier sind die Stricke, Väterchen! Jetzt können wir das Heu festbinden.“ Sie fuhren an die vierzig Werst, beluden den Schlitten, banden’s fest. Machten sich auf den Heimweg – es wurde schon dunkel, bis nach Hause waren es aber noch an die vierzig Werst zu fahren. Iwan der Dummkopf sitzt auf der Fuhre, trinkt aus der Flasche und ißt Lachs. Der Pope sagt zu Iwan dem Dummkopf: „Wanja, paß auf. Rechts geht ein Weg ab, daß das Pferd nicht etwa auf diesen Weg abbiegt. Ich will ein wenig schlafen.“ – „Ist gut, Väterchen, fahr nur zu! Ich werde auf diesen Weg schon aufpassen.“ Wanja fährt und paßt auf diesen Weg auf. Er sah diesen Weg, sprang von der Fuhre herunter und führte das Pferd seitwärts auf den Weg, den sie nicht fahren durften. Sie fuhren an die fünfzehn Werst auf diesem Weg. Dann wachte der Pope auf. Sah sich die Gegend an und merkt, daß sie in der falschen Richtung fahren! „Wanja, wir fahren doch falsch!“ – „Woher soll ich wissen“, sagt der, „was richtig und was falsch ist! Du sitzt doch vorn, und ich hinter dir!“ – „Ach, Wanja! Ich habe dir doch aufgetragen, paß auf, rechts geht ein Weg ab, und du bist gerade in ihn eingebogen!“ – „So ist’s richtig, sitzt selber vorn, und ich bin eingebogen!“ – „Nun läßt sich ja nichts mehr ändern, Wanja! Jetzt müssen wir schon diesen Weg fahren. Nicht weit von hier muß ein Dorf sein, darin müssen wir übernachten.“ So fuhren sie also in der gleichen Richtung weiter. Sie kommen in ein Dorf. Der Pope schickt den Knecht: „Geh und bitte den und den Bauern um ein Nachtlager!“
Der Knecht lief zur Tür. Sieht, die Tür ist verschlossen. Sogleich kam die Frau heraus und machte die Tür auf. Der Knecht trat ein und bittet den Bauern: „Laß uns bitte übernachten, den Popen und mich!“ – „Herzlich gern“, sagen sie, „bleibt nur!“ – „Ich wollte euch noch bitten, gebt dem Popen kein Abendessen; gebt ihr ihm etwas, treibt er es noch weit schlimmer. Laßt ein Wort davon fallen, aber fordert ihn nicht weiter zum Setzen auf, wenn ihr ihn aber an den Tisch setzt, dann beschwert euch nicht, wenn er es schlimm treibt!“ – „Nun, es ist gut!“ Der Knecht spannte die Pferde aus und stellte sie neben den Schlitten. Sie gingen hinein und zogen sich aus, der Pope und der Knecht. „Ihr wollt wohl nichts zu Abend essen, Väterchen!“ Der Pope gibt nichts zur Antwort, der Knecht aber, nicht faul, setzt sich sogleich an den Tisch. Der Knecht aß zu Abend, wie es sich gehörte, dem Popen aber war es peinlich, sich hinzuzusetzen, sie hatten nur so dahin-geredet, fordern ihn aber nicht weiter zum Setzen auf; und er hat solchen Hunger. Der Knecht hatte also gegessen und kletterte auf den Hängeboden, und der Pope ihm nach. Der Knecht fing an zu schnarchen, der Pope aber kann nicht schlafen. Er stößt den Knecht in die Seite: „Knecht, ich habe doch Hunger!“ – „Ach, da soll doch gleich, du zottiges Gespenst! Sie haben dich aufgefordert, dich an den Tisch zu setzen, und du hast dich nicht gesetzt. Bist doch nicht zu Hause, wo die Popin dich an den Händen zum Tisch führt. Geh, ich habe bei der Bäuerin einen Topf mit Brei stehen sehen, geh und iß!“ Der Pope kletterte vom Hängeboden herunter und fand den Topf. „Knecht“, sagt er, womit soll ich den Brei essen? Ich kann keinen Löffel finden“, sagt er. „Ach du zottiger Teufel, was bist du für ein Quälgeist! Zu essen hat man ihm gegeben, und auch dann gibt er noch keine Ruhe! Kremple die Ärmel hoch und iß so!“ Der Pope fuhr mit den Händen hinein und verbrannte sich; dort war aber kein Brei drin, sondern Pech. Und so kam er wieder mit dem Topf gerannt: „Knecht ich kriege die Hände nicht wieder heraus!“ Der Knecht sagt: „Ach, da hat man mir aber ein zottiges Gespenst aufgebunden! Die ganze Nacht gibst du keine Ruhe mit deinem Brei!“ Die Nacht war mondhell. „Dort“, sagt er, „an der Schwelle liegt ein Wetzstein, schlag mit dem Topf dagegen, dann kannst du die Hände herausziehen!“ Der Pope nahm Anlauf und wuchtete gegen diesen Wetzstein. Es war aber kein Wetzstein, was dort lag, sondern der kahlköpfige Bauer schlief dort. Der Pope hatte gegen seine Glatze geschlagen. Der Bauer brüllte auf, der Pope sprang zurück und heraus aus dem Haus: er war erschrocken. Da sprang die ganze Familie auf und rannte nach Licht. Der Bauer schreit etwas, und der Knecht schreit: „Wohin ist der Pope geraten?“ Ich weiß nicht, was alles geschah. Die Bauersleute schrien den Knecht an: „Warum habt ihr den Alten erschlagen?“ Und der Knecht schrie sie an: „Wohin habt ihr den Popen gebracht? Den Popen her! Wenn nicht, gehe ich auf der Stelle zum Ortspolizisten: hole das ganze Dorf zusammen! Bringt mir den Popen, gleich woher!“ Da stutzten die Bauersleute: „Wohin ist der Pope geraten?“ – „Gebt mir dreihundert Rubel“, sagt der Knecht, „und ich will die ganze Sache vertuschen, wenn nicht, gehe ich zum Ortspolizisten!“ Die Bauersleute drucksten hin und drucksten her und gaben die dreihundert Rubel. „Nur erzähl niemandem, was geschehen ist!“ Nun spannte der Knecht die Pferde ein und fuhr mit seinem Heu nach Hause. Der Pope war also nicht da. Er fährt durchs Dorf, da steht der Pope an einer Scheune, steht da, guckt hinter einer Ecke hervor und sieht, daß der Knecht mit dem Heu gefahren kommt. Der Pope fragt: „Bist du’s, Wanja, der gefahren kommt?“ – „Ich bin’s, zottiger Schurke!“ sagt der. „Du wirst bald im Gefängnis sitzen! Hast den Bauern erschlagen!“ – „Hab ich ihn denn wirklich totgeschlagen, Wanja?“ – „Gib dreihundert Rubel, dann vertusche ich’s, wenn nicht, wirst du im Gefängnis sitzen!“ Da erklärte sich der Pope einverstanden, dem Knecht dreihundert Rubel zu bezahlen, wenn er die Geschichte bloß vertuschte. Der Knecht kehrte ins Dorf zurück, stand ein Weilchen hinter der Ecke, stand ein Weilchen und kehrte wieder um. „Fahr zu, Väterchen! Jetzt wird nichts mehr geschehen. Fahren wir heim!“
Sie kamen zu Hause an. Der Pope wurde die Güte selber: hatte ein Herz für die Knechte. Wenn er sich hinsetzte, um Tee zu trinken, dann ließ er auch den Knecht hinsetzen. Wanja blieb den Winter über dort und hatte siebenhundert Rubel bekommen statt nur hundert. Kommt nach Hause zu seinem Vater und sagt: „Hier, Vater, nimm, das ist Geld! Sieh nur, wieviel ich verdient habe! Nicht wie deine zwei klugen Söhne!“
Danach lebten sie herrlich und in Freuden und wurden reiche Leute. Es geht ihnen auch jetzt noch gut.
Wie ein Pope seine Knechte plagte
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