Es lebten ein alter Mann und eine alte Frau. Der Mann und die Frau hatten drei Söhne, zwei ver-nünftige und als dritten den Dummkopf Nikita. Der Alte hatte eine neue Hütte gebaut und sagt zum ältesten Sohn: „Geh und bring eine Nacht dort zu: wenn du etwas Schönes im Traum siehst, ziehen wir in die neue Hütte, wenn aber etwas Schlechtes, dann nicht, dann verkaufen wir sie.“ Der älteste Sohn verbrachte eine Nacht darin und sagt: „Ach, Väterchen“, sagt er, „wie reich werden wir sein!“ Darauf schickt der Alte den mittleren Sohn. Der mittlere Sohn sagte dasselbe.
Darauf schickt er den Dummkopf Nikita: „Nun, geh, Nikita! Was wirst du sehen?“ Nikita sah im Traum, er säße auf einem Zarenthron. Am ande-ren Tag fragt der Vater: „Nun, Nikita, was hast du gesehen?“ Nikita dachte bei sich: „Was für einen Zaren gibt ein Dummkopf ab?“ Und sagt: „Das ist nicht wahr! Und was ich gesehen habe, sage ich nicht!“ Der Vater verprügelte den Sohn und führte ihn vors Tor.
Auf der Straße kam ein Kaufmann gefahren. „Weswegen prügelst du deinen Sohn, Bauer?“ – „Er hat im Traum etwas gesehen und sagt es nicht!“ – „Prügle ihn nicht! Verkauf ihn mir!… Wie-viel willst du haben?“ – „Gib wenigstens einen Eisengroschen, dafür gebe ich ihn her!“ Der Kauf-mann gab den Eisengroschen, setzte den Dumm-kopf Nikita auf den Wagen und fuhr weiter.
Nach einer Weile fragte auch der Kaufmann: „Was hast du im Traum gesehen?“ Nikita sagt es nicht. Der Kaufmann begann ihn zu prügeln. Da kam auf dieser Straße der Zar gefahren. „Weswe-gen prügelst du deinen Sohn oder Knecht, Kauf-mann?“ – „Er hat im Traum etwas gesehen und sagt es nicht.“ – „Prügle ihn nicht, verkauf ihn mir! Wieviel willst du haben?“ – „Hundert Rubel.“ Der Zar gab das Geld, nahm Nikita mit und brach-te ihn zu sich nach Hause.
Weil er viele Male gekauft worden war, gaben sie ihm den Namen „Nikita der Herumtreiber – der neugekaufte Diener“. Der Zar schickte ihn in den Pferdestall, den Pferdeknechten zu helfen. So leb-te Nikita etwa ein halbes Jahr. Da fragte der Zar ihn: „Sag, Nikita, was hast du im Traum gese-hen?“ – „Was geht das dich an? Was ich gesehen habe, sage ich nicht!“ (Ein Dummkopf ist eben ein Dummkopf, was will man mit ihm anfangen.) Der Zar prügelte ihn nicht, aber warf ihn in eine stei-nerne Schandsäule auf dem Hof.
Dieser Zar aber hatte einen Sohn, Iwanuschka. Er wollte ihn verheiraten. Er freite um eine Braut in einem anderen Königreich. Iwanuschka wohnte dort, bei der Braut. Jener König aber hatte nur eine einzige Tochter, Söhne hatte er nicht. Und auch dieser Zar, Iwanuschkas Vater, hatte nur einen einzigen Sohn, keine Töchter, niemanden sonst. Der König will ihn überreden, zu seiner Tochter zu ziehen, der Zar aber will, daß sie mit seinem Sohn zu ihm kommt. Da sagt die Königs-tochter zu ihnen: „Ich schicke Euch drei Rätsel: ratet Ihr sie, ziehe ich mit zu Euch, ratet Ihr sie nicht, soll er bei mir wohnen bleiben!“ Der Zar war’s einverstanden.
Die Königstochter schickte einen Baumstamm; der war sorgfältig zugerichtet – was unten und was oben war, konnte man nicht unterscheiden. Es soll geraten werden, was unten und was oben ist. Der Zar machte in der ganzen Stadt bekannt, man solle kommen, das Rätsel zu raten. Wieviel Leute auch kamen, niemand konnte es erraten.
Zuletzt kommt ein Alter über den Hof gegan-gen, wo Nikita der Herumtreiber in der Säule fest-gebunden ist Nikita sieht ihn und fragt: „Wo bist du gewesen, Großvater?“ – „Beim Zaren, Rätsel raten.“ – „Das sind mir Helden: der Zar sitzt auf dem Zarenthron und kann ein Rätsel nicht erra-ten! Ich hätte es längst erraten!“ sagt Nikita. Der Alte meldete dem Zaren, daß „bei dir einer in der Säule sitzt und sagt: Ich hätte es längst erraten.“ Der Zar ahnte, daß das Nikita ist, und schickt ei-nen Diener nach ihm. Der Diener kam und sagt: „Nikita, komm mit zum Zaren, ein Rätsel raten!“ – „Wer nach jemandem schickt, der kann auch sel-ber kommen“, sagt der.
Der Zar stieg in seine Kutsche, kommt an, setzt Nikita neben sich und fährt mit ihm los. Als sie ankamen, nahm Nikita der Herumtreiber – der neugekaufte Diener, ein Beil, schlug ein Eisloch in den Fluß und warf den Stamm ins Wasser; der drehte sich mit dem Unterteil nach oben und mit dem Oberteil nach unten. Da machten sie Zei-chen, was unten und was oben ist. Und schickten ihn der Königstochter. Die Königstochter bekam ihn und sagt: „Das hat er nicht von selber erra-ten, sondern ein anderer.“ Nikita kehrte wieder an seinen Platz zurück.
Nach einer Weile schickt die Königstocher das zweite Rätsel. Hundertfünfzig Hengste schickte sie – von zwei und anderthalb Jahren, alle mit glei-chem Fell und gleich groß. Wie viele Leute auch kamen, um zu raten, niemand konnte es erraten. Schließlich kommt der Alte über den Hof gegan-gen. Nikita sah ihn und fragt: „Wo bist du gewe-sen, Großvater?“ – „Beim Zaren, Rätsel raten.“ – „Das sind mir Helden: der Zar sitzt auf dem Za-renthron und kann ein Rätsel nicht erraten! Ich hätte es längst erraten!“ Der Alte ging und melde-te das dem Zaren. Der Zar schickte einen Diener nach ihm. Der Diener kam und sagt: „Nikita, komm mit, ein Rätsel raten.“ – „Wer nach jeman-dem schickt, der kann auch selber kommen.“ Der Zar setzte sich in seine Kutsche und kommt hin: „Nun, Nikita, komm mit, ein Rätsel raten!“ Sie setzten sich in die Kutsche und fuhren los.
Sie kommen an den Fluß, er schlug ein großes Eisloch und ließ alle heran, um zu trinken, die Hengste. Das Ufer war steil. Die zweijährigen können das Wasser nicht erreichen und gehen auf die Knie, die einjährigen aber kommen so heran. Da brannten sie ihnen Zeichen ein. Schickten sie der Königstocher.
Seitdem lief Nikita der Herumtreiber – der neu-gekaufte Diener, frei herum: der Zar hatte ihn freigelassen. Einmal kommt er zum Zaren und sagt: „Eure Kaiserliche Majestät, schickt mich in das Königreich, wo Euer Sohn Iwan ist. Ich habe im Traum gesehen, als ob er arge Sehnsucht nach mir hat.“ Der Zar sagt: „Warum nicht, geh!“ – „Nur folgendes, Majestät, gib mir dreißig Soldaten und suche sie so aus, daß sie alle so groß sind wie ich, und die Haare wie bei mir, und daß sie mir von Gesicht alle ähnlich sind!“ Man holte von allen Regimentern Soldaten zusammen und wählte dreißig Mann aus, die Nikita dem Herumtreiber ähnlich sahen. Als sie dann aufgestellt waren, konnte nicht einmal der Zar selber erkennen, wel-cher Nikita der Herumtreiber war. (Kleidung hat-ten sie die gleiche an – alle Soldatenkleidung.) Und Nikita begab sich mit seinen Soldaten zu dem König, wo Iwanuschkas Braut war.
Sie gingen eine Weile. Da stehen drei Brüder und teilen eine Tarnkappe. „Was macht ihr hier?“ sagte Nikita. „Wir teilen die Kappe hier.“ – „Gebt her, ich werde sie euch teilen.“ Nikita legte einen Pfeil auf seinen Bogen (früher gab es noch Bogen) und schoß ihn ab: „Wer zuerst hinkommt, dem gehört die Kappe.“ Alle drei Brüder rannten da-von. Nikita der Herumtreiber nahm die Kappe, setzte sie auf den Kopf, und von allen dreißig war nichts mehr zu sehen.
Sie gingen weiter und weiter, da teilen drei Brüder ein perlenbesticktes Tischtuch und einen Krug mit vierzig Schneppen: aus jeder Schneppe fließen verschiedene Getränke und Süßigkeiten. Nikita der Herumtreiber sagt: „Was macht ihr da?“ – „Wir teilen den Krug hier.“ – „Gebt her, ich werde ihn teilen!“ – „Wie willst du ihn teilen?“ – „Ich werde einen Pfeil von meinem Bogen schie-ßen: wer zuerst hinkommt, dem gehört der Krug.“
Die Brüder rannten los, Nikita nahm den Krug, setzte die Tarnkappe auf – und es war nichts mehr von ihnen zu sehen.
Sie gingen ein wenig weiter und sahen: drei Brüder teilen einen fliegenden Teppich. „Was macht ihr da?“ – „Wir teilen den fliegenden Tep-pich hier.“ – „Gebt her, ich teile ihn!“ – „Wie willst du ihn teilen?“ – „Ich werde einen Pfeil von mei-nem Bogen schießen: wer zuerst hinkommt, dem gehört der fliegende Teppich.“ Die Brüder rannten los, Nikita aber setzte die Tarnkappe auf, trat auf den Teppich, stampfte mit dem Fuß, der Teppich löste sich und flog davon, und alle Soldaten mit.
Als sie in das Königreich geflogen kamen, wo sich die Braut Iwanuschkas und Iwanuschka selbst befanden, war nicht weit von der Stadt ein riesiger Eichenhain. Der Teppich ließ sich auf zwölf riesigen Eichen nieder (er war schon ganz schön groß, wie man sieht). Nikita der Herumtrei-ber – der neugekaufte Diener, ließ seine Gefähr-ten auf dem Teppich zurück und ging in die Stadt, Iwanuschka zu suchen. Geht durch die Stadt, da begegnet ihm Iwanuschka. „Guten Tag, Iwa-nuschka!“ – „Guten Tag, Nikita-Herumtreiber.“ – „Ich bin gekommen, dir zu helfen.“ Iwan dachte nur: „Welche Hilfe kann von dir Dummkopf kom-men?“ Aber er sagte nichts.
„Nun, wird eure Hochzeit bald sein?“ fragt Niki-ta. „Wer kann’s wissen? Heute gehen sie Stoff für das Kleid kaufen: wenn ich besseren kaufe, kommt sie mit mir, wenn der König besseren kauft, muß ich bei ihr bleiben.“ – „Wo werden sie denn den Stoff fürs Kleid kaufen?“ – „Hier in die-sem Geschäft“, zeigte Iwanuschka. Und Nikita der Herumtreiber verabschiedete sich von Iwanuschka und ging fort.
Als der König mit seiner Tochter und Iwanusch-ka in das Geschäft kamen, wartete Nikita schon auf sie in seiner Tarnkappe. Die schönsten Stoffe, wie viele es nur in dem Geschäft gab, kaufte der Zar seiner Tochter für ihr Kleid. Solche gab es in der ganzen Stadt nicht mehr. Der König verließ das Geschäft und begab sich mit seiner Tochter ins Schloß, Nikita der Herumtreiber aber, und Iwanuschka mit ihm, – zum Teppich.
Als die Nacht gekommen war, setzte Nikita die Tarnkappe auf und begab sich zum König. Beim König nähten ein Schneider und eine Schneiderin das Kleid für die Tochter, und Nikita sitzt mit ih-nen am Tisch – sie sehen ihn nicht. Als sie das ganze Kleid fertig hatten, legten sie es auf ein Präsentierbrett, und Schneider und Schneiderin gingen schlafen; Nikita aber nahm das Kleid und begab sich auf seinen Teppich. Er kommt an: „Da nimm, Iwanuschka, dieses Kleid hier!“ (Iwanusch-ka war noch bei ihm zu Gast, er hat ja genug an-zubieten).
Der Schneider und die Schneiderin wurden früh am Morgen munter, sehen hin – das Kleid ist nicht da. „Was sollen wir jetzt machen, Schneider?“ – „Ich weiß nicht, Schneiderin, was wir machen sol-len!“ – .Wir wollen schnell eines aus Flicken nä-hen!“ Sie schnitten’s recht und schlecht zu, flick-ten’s mit groben Stichen zusammen und legten’s an die gleiche Stelle.
Am anderen Tag wurde der König munter, da war Iwanuschka schon bei ihm. Der König bringt der Tochter das Kleid auf dem Präsentierbrett, Iwanuschka trägt sein Kleid auf seinem Präsen-tierbrett. Die Königstochter ging zu ihrem Vater, nahm das Kleid und versuchte es anzuziehen, konnte es aber nicht anbekommen (aus Flicken zusammengenäht, wie sollte es anders sein). Sie warf dieses Kleid beiseite, ging zu ihrem Bräuti-gam, nahm’s, zog’s an, wie nach Maß genäht: ak-kurat und richtig.
Da fragt Iwanuschka: „Nun, wann wird unsere Hochzeit sein?“ – „Zur Hochzeit muß doch ein Trauring gekauft werden? Wenn du einen besse-ren kaufst, komme ich mit dir; wenn mein Vater einen besseren kauft, ziehst du zu mir!“ Iwa-nuschka begab sich auf den Teppich zu Nikita dem Herumtreiber und sagte ihm, daß „wer den besse-ren Ring kauft: wenn ich, dann muß sie mit mir kommen, wenn ihr Vater, muß ich zu ihr ziehen.“
Nikita der Herumtreiber setzte die Tarnkappe auf und ging los. Der König kam in den Laden des Goldschmieds; welcher der schönste Goldring war, den kauften sie, und es gab weiter keinen solchen Ring. Der König ging nach Hause, und Nikita der Herumtreiber hinter ihm her.
Als es Abend geworden war, legte sich der Kö-nig schlafen, zog den Ring ab und legte ihn aufs Fensterbrett, Nikita der Herumtreiber aber nahm den Ring und legte einen aus Stroh dorthin – hat-te ihn aus Stroh geflochten und legte ihn hin. Je-nen aber brachte und gab er Iwanuschka. „Nun, Iwanuschka, soll der König morgen seiner Tochter ein Geschenk bringen, und bring du deiner Braut ein Geschenk!“
Am anderen Tag kommt Iwanuschka mit sei-nem Geschenk: auf einem goldenen Teller trägt er einen goldenen Ring, der König aber trägt einen aus Stroh. Die Königstochter trat zu ihrem Vater, nahm den Ring, er paßt nicht an ihren Finger, sie trat zu ihrem Bräutigam, nahm den Ring, setzte ihn auf – genau, als sei er für sie ausgewählt wor-den.
Da fragt Iwanuschka: „Nun, wird unsere Hoch-zeit bald sein?“ – „Ja, ich bin schlau und klug, aber du hast jemanden, der schlauer ist als ich. Du machst das doch nicht selber, Iwanuschka, sondern ein anderer. Nun, laß nur, komm morgen mit deinen Gefährten zu uns zu Gast, wieviele es auch sind. Danach kommen wir zu dir zu Gast. Wenn wir euch besser bewirten, ziehst du zu mir, und wenn du besser, dann komme ich zu dir.“ Iwanuschka kam und eröffnete dies Nikita dem Herumtreiber. Nikita sagt: „Nur Mut, Iwanuschka, wir werden sie schon besser bewirten. Und jetzt leg dich schlafen!“
Sie legten sich auf den Teppich schlafen. Die Königstochter aber dachte bei sich:
„Ich will doch mal hingehen: was ist das für ei-ner“, sagt sie, „der bei ihm solche Stückchen voll-bringt.“ Sie kommt auf den Teppich und sieht sich alle an. Alle schlafen. Auch Nikita der Herumtrei-ber schläft, die Tarnkappe hat er unter dem Hemd. Da erriet’s die Zarentochter und sagt zu sich selbst: „Das ist er wohl, mein Widersacher!“ Sie nahm ihren Ring ab und schlug ihn gegen sei-ne Stirn. Da bildete sich bei ihm auf der Stirne ein Stern: der funkelt nur so. Und sie ging nach Hau-se.
Nikita der Herumtreiber wachte auf, sperrte seine Augen auf, es leuchtete wer weiß wie von ihm. „Ach, die Fliegen sollen dich fressen, jetzt sitze ich in der Patsche!“ Er sprang vom Teppich auf und lief zum König ins Schloß. Er wußte, in welchen Gemächern sich die Königstochter befin-det; er drang dort ein, stahl den Ring, ging wieder zu sich auf den Teppich und versah alle Soldaten auf der Stirn mit diesem Zeichen. Den Ring aber brachte er wieder fort und legte ihn auf die alte Stelle.
Am Morgen kommen Boten vom König und bit-ten Iwanuschka mit seiner Begleitung zu Gast zum König. Unterwegs sagt Nikita der Herumtrei-ber zu seinen Gefährten: „Wenn wir hinkommen, wird die Königstochter wahrscheinlich sagen, daß, welcher der älteste Bruder ist, der soll sich an den Ehrenplatz setzen. Ihr wißt, daß ich euer ältester Bruder bin, aber tut das nicht! Sondern jeder soll sagen: ‚Ich bin der älteste Bruder, ich bin der äl-teste!’ und sich an den Ehrenplatz drängen. Dann findet sie sich unter uns nicht zurecht.“
Als sie zum König kamen, sagt die Königstoch-ter: „Wer der älteste Bruder ist, der soll sich an den Ehrenplatz setzen!“ Der eine sagt: „Ich bin der älteste Bruder!“ Der andere: „Ich bin der älte-ste Bruder!“ Und sie begannen einander vom Tisch wegzuzerren – warfen den Tisch um und stießen alles, was darauf war, herunter. Da sagte die Königstochter: „Setzt euch, wie jeder will!“
Als sie sich gesetzt hatten, begann sie, jedem einen Becher Wein zu reichen. Als sie dem ersten reichte, warf sie ihm die Haare aus der Stirn und sagt: „Vater, das ist mein Widersacher!“ Sie reich-te dem zweiten – dasselbe; dem dritten – genau dasselbe. Da sagt sie: „Ich bin schlau und klug, aber du, Iwanuschka, hast jemanden, der noch schlauer ist als ich!“
Sie waren dort eine Weile zu Gast und gingen dann zu Iwanuschka auf den Teppich zu Gast. Als sie hinkamen, breitete Iwanuschka das perlenbe-stickte Tischtuch aus und stellte den Krug mit den vierzig Schneppen darauf – aus jeder Schneppe kamen alle möglichen Getränke geflossen. Die Bewirtung war besser als beim König.
Nun, da fragt Iwanuschka: „Ist es jetzt soweit, daß wir heiraten?“ – „Es ist jetzt soweit!“ sagt sie. „Mehr weiß ich nicht, nur paßt auf, wohin ihr noch fahren müßt: es ist hier ein Meer, und in diesem Meer wohnt ein Meereszar, hat einen Menschen-blick und goldene Locken auf dem Kopf – von dem müßt ihr Locken für mich unter den Brautkranz erbitten!“
Der König machte sich bereit und ging zum Ufer, und die Königstochter vertraute nicht einmal ihrem eigenen Vater und ging ihn begleiten. Der König setzte sich in ein Boot, und die Zarentoch-ter steht am Ufer und sieht zu. Nikita der Herum-treiber aber setzt sich in seiner Tarnkappe vor den König ins Boot.
Der König rudert, und Nikita der Herumtreiber zweimal so viel. Der König sagt: „Sieh, wie mir eine göttliche Kraft hilft! Wie sehr ich auch rudere, das Boot schnellt zweimal schneller voran!“ Er kam in die Mitte des Meeres und rief: „Meereszar mit dem Menschenblick, gib mir Locken für die Tochter unter den Brautkranz!“ Der Meereszar steckte seinen Kopf heraus, der ganze Kopf war voll Gold und voller Locken. Und er sagt: „Zupfe immer ein Haar heraus, und zwar an den Schlä-fen, die kürzesten. Mein ganzer Kopf ist schon ab-gezupft und tut weh.“ Der König nimmt ein Haar von der Schläfe, Nikita der Herumtreiber aber ei-ne ganze Handvoll und vom Hinterkopf – schwupp! Der Zar brüllte auf und verschwand im Wasser. Der König begann zu bitten: „Laß mich wenigstens noch zwei Haare herausziehen!“ Der Zar steckte wieder seinen Kopf heraus. Der König nimmt ein Haar, Nikita der Herumtreiber aber wieder – schwupp, eine Handvoll. Und beim drit-tenmal genauso. Der Zar brüllte auf, fuhr zurück ins Meer und sagte: „Von heute an gebe ich in Ewigkeit niemandem mehr auch nur ein einziges Haar!“ Der König kommt nach Hause und sagt zu seiner Tochter: „Nun, Tochter, bestimmt kann Iwanuschka nirgends Haare beschaffen: drei Haa-re habe ich erbettelt, und auch die nur mit Mühe und Not, und der Zar hat geschworen, von heute an in alle Ewigkeit keine mehr zu geben.“
Am anderen Tag bringt der König als Geschenk für seine Tochter auf einem goldenen Teller drei goldene Haare, Iwanuschka aber einen ganzen Teller voll (Nikita hatte sie für ihn gezupft). „Nun, Iwanuschka, ich bin schlau und klug, aber du hast jemanden, der ist schlauer als ich! Jetzt ist es Zeit für uns zu heiraten, mehr weiß ich nicht!“
Sie feierten Hochzeit, rüsteten ein Schiff, und Iwanuschka machte sich auf den Weg in sein Za-renreich zu seinem Vater. Nikita der Herumtreiber aber fliegt mit seinen Gefährten auf dem fliegen-den Teppich über ihnen und ruft von dort: „Ach, Iwan der Zarewitsch fährt mit seiner Vermählten, wie schön!“ Iwanuschka hörte’s und sagt zu sei-ner Frau: „Hörst du, weil wir beide fahren, freuen sich die Engel über uns!“ (Er denkt: von oben – das müssen Engel sein.) Sie antwortet ihm: „Ein Teufel, aber keine Engel“, sagt sie, „das ist mein Widersacher, der sich freut!“ Und sie denkt bei sich: „Wenn Iwanuschka nicht wäre, würde ich ihn heiraten: er ist sogar schöner als Iwanuschka und klüger und schlauer.“ (Sie hat sich in diesen Nikita den Herumtreiber geradezu verliebt.)
Dann sagt sie zu ihrem Mann: „Höre, Iwa-nuschka, wenn wir nach Hause kommen, dann sage deinem Vater: „Wozu hast du den Dummkopf zu mir geschickt? Seinetwegen wäre ich bei-nahe ums Leben gekommen.“ Und sie denkt bei sich: „Soll er nur Nikita den Herumtreiber hinrich-ten! Wenn ich ihn nicht mehr sehe, wird mir leich-ter ums Herz sein.“
Als sie zu Hause ankamen, kam der König mit seinem Gefolge heraus, den Sohn und die junge Schwiegertochter zu begrüßen. Aber Nikita der Herumtreiber war schon längst beim König. Als sie vom Schiff kamen, sagt Iwanuschka: „Vater, wozu hast du den Dummkopf Nikita zu mir geschickt? Seinetwegen wäre ich beinah ums Leben gekom-men!“ Der Zar wurde böse auf Nikita, zog seinen Säbel und wollte ihm den Kopf abschlagen.
Da setzte Nikita der Herumtreiber seine Tarn-kappe auf und begann mit dem Zaren zu spre-chen. „Eure Majestät, wenn ich nicht gewesen wä-re, dann wäre dein Sohn nicht nach Hause gekommen!“ Und er erzählte ihm: „Das und das habe ich dort gemacht, und das und das habe ich gemacht!“ Alles erzählte er ihm. Und die junge Schwiegertochter bekräftigte seine Worte. Da schlug der Zar im Zorn seinem Sohn den Kopf ab. Und auf Wunsch der Braut traute er sie mit Nikita dem Herumtreiber – dem neugekauften Diener.
Als er selber zu alt wurde, gab er sein Reich Ni-kita dem Herumtreiber. Da erst sagte Nikita der Herumtreiber zum Zaren: „Folgendes habe ich im Traum gesehen: ich säße auf dem Zarenthron.“ Sein Traum war in Erfüllung gegangen.
Ich war auch auf der Hochzeit hier, trank Honig und Bier. Allen Gästen wurde mit dem Schöpflöffel eingeschenkt, mich haben sie mit dem Stiel ge-tränkt; bei der Nase faßten sie mich, unter die Brücke warfen sie mich; ich rollte fort und immer fort, war plötzlich hier an diesem Ort.
Von Nikita dem Herumtreiber
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