Märchen von dem Popen und seinem Knecht Trottel

Es war einmal im Land
Ein Pope – „Dummkopf“ genannt.
Er begab sich auf den Markt, mit eignen Augen
Zu sehen, was die Waren taugen.
Dort begegnet ihm Trottel, der Wicht,
Wohin des Wegs, weiß er selber nicht.
„Was, Onkelchen, so früh erschienen –
Womit kann ich Euch dienen?“
Da spricht der Pope: „Einen Knecht brauch ich, Kleiner,
Koch soll er sein, Stallbursche, Schreiner,
Weißt du einen Diener, an
Welchem ich recht sparen kann?“
Trottel spricht: „Ich will dir dienen mit Vergnügen,
Fleißig sein und mich in alles fügen.
Nasenstüber kriegst du dafür jährlich dreie –
Und ich gekochte Kleie.“
Der Pope bemüht sein Gehirn
Und kratzt sich dabei die Stirn:
Nasenstüber hin und Nasenstüber her –
Vielleicht wird’s nicht so schwer,
Darum sagt er: „Ist gut, schlag ein.
Wir können handlungseinig sein.
Kannst in meinem Hause leben,
Eifer zeigen und Bestreben.“
So lebt denn Trottelchen im Popenhause,
Schläft auf Stroh in der Klause.
Trottel futtert für viere und lacht,
Weil er für sieben die Arbeit macht.
Früh schon wirbelt alles im Haus. Und wacker
Spannt er das Pferd an, pflügt den Acker,
Heizt den Ofen, räumt auf, kauft ein,
Kocht Eier, schält sie selbst, alles allein.
Die Popenfrau lobt ihn in allen Sachen.
Die Popentochter seufzt – was soll sie weiter machen?
„Vater“ nennt ihn der Popensohn,
Der Knecht kocht ihm Brei und spielt „Postillion“.
Nur der Pope kann den Knecht nicht leiden,
Er lobt ihn nie, versucht Trottel zu meiden.
An die Bezahlung muß er stündlich denken,
Die Frist vergeht, der Knecht wird ihm nichts schenken.
Er ißt nicht, trinkt nicht, schläft nicht; im Dunkeln
Beginnt schon jetzt seine Nase zu funkeln.
Da gesteht er der Frau seine Lage:
„So und so – was mach ich nun – sage.“
Eine Frau ist immer schlau,
Allerlei Listen ersinnt eine Frau.
„Ich weiß ein Mittel“, sagt sie, „du wirst sehen,
Uns kann solch Unglück nicht geschehen.
Trag dem Trottel eine Arbeit an,
Die er nie und nimmer schaffen kann.
So wird er deine Nase nie anfassen,
Denn du kannst ihn ohne Lohn entlassen.“
Leichter wurde es da dem Pfaffen,
All seinen Mut zusammenzuraffen,
Und er rief: „Komm doch mal her.
Mein treuer Trottelbär!
Hör, das Teufelspack ist verpflichtet,
Daß es mir mein Lebtag Tribut entrichtet.
Wer kann eine bessere Rente schnappen?
Doch seit drei Jahren will das nicht klappen. –
Iß deine Grütze und hol dann im Sack
Die fälligen Raten vom Teufelspack!“
Mit Streiten hatte Trottel nichts im Sinn.
Er setzte sich ans Meeresufer hin.
Er drehte einen Strick, den tauchte er
Ins Meer.
Da kroch ein alter Teufel aus dem Naß:
„Ei, Trottelchen, was ist denn das?“
„Ich will, daß sich die Wellen biegen,
Um euch, ihr Sippschaft, kleinzukriegen.“
Ganz bekümmert war der Alte:
„Ach Trottel, warum die Zornesfalte?“
„Wieso: Warum? Ihr zahlt nicht mehr den Tribut,
Versäumt die Fristen, listige Brut!
Na, das gibt mal ein Vergnügen,
Prügel sollt ihr Hunde kriegen!“
„Trottel, wart, das hat noch Weile,
Der Tribut kommt ja in aller Eile,
Ich schicke dir meinen Enkel wegen der Fristen“,
Trottel denkt: Der ist leicht zu überlisten! –
Ein Teufelchen schickte der Großvater,
Das miaute wie ein hungriger Kater:
„Gegrüßt seid, Bauer Trottelmann,
Was ist mit dem Tribut, sag an!
Von Tributen habe ich nie gehört.
Die Sorge hat uns Teufel nie gestört.
Wie dem auch sei – damit wir beiden
Möglichst Zank und Leid vermeiden
Heute und auch hinterher:
Wer von uns beiden läuft schneller ums Meer?
Der Sieger bekommt die Entschädigung,
Solang wir laufen, sorgt man hier für Erledigung.“
Da hat der Trottel listig gelacht:
„Ihr habt euch was Feines ausgedacht!
Wie kannst du, Teufelchen, es wagen,
Dich mit mir, dem Trottel, im Wettstreit zu schlagen?
Ein feines Gegnerlein schicken die mir!
Wart mal, mein Brüderchen mißt sich mit dir.“
Trottelchen rennt in den Wald,
Dort fängt er bald
Zwei Hasen. Treuherzig harrt der kleine
Teufel am Meer im Sonnenscheine.
Bei den Ohren packt Trottel den Hasen.
„Brüderchen, tanz, wie wir beide blasen. –
Und du, Teufelchen, bist noch nicht alt genug,
Mit mir dich zu messen, das wäre nicht klug.
Unnütze Mühe würde man’s nennen,
Versuch erst, mit meinem Bruder zu rennen.
Eins – zwei – das gibt ein Späßchen,
Drei!“ – Da laufen Teufel und Häschen!
Das Teufelchen lief ums Meer herum,
Das Häschen zum Wald, war nicht so dumm.
Nachdem es ums Meer herumgelaufen,
Kam Teufelchen an und konnte kaum schnaufen,
Lang hängt die Zunge, bald lang wie ein Lätzchen,
Schweißperlen verschmieren die Pfötchen im Frätzchen.
Er denkt: Jetzt geb ich’s dem Trottel mal saftig!
Doch der Trottel streichelt – wahrhaftig,
Sein Brüderchen und spricht: „Kleines Schätzchen,
Bist müde, ruh dich aus, mein Spätzchen.“
Das Teufelchen war einfach platt,
Zog’s Schwänzchen ein und schaute matt
Zum Brüderchen, von der Seite, verstohlen.
Und flüsterte: „Will den Tribut schon holen.“
Geht zum Großvater: „Zu dumm,
Der jüngere Trottel war früher rum.“
Der alte Teufel versank in Gedanken,
Der Trottel aber fing laut an zu zanken.
Das ganze Meer kam in Erregung
Und alle Wogen in Bewegung.
Das Teufelchen kroch hervor: „Nun, Bäuerlein,
Der ganze Tribut ist dein,
Nur, siehst du diesen Stecken da?
Such dir ein Ziel, ob fern, ob nah,
Und wer noch weiter werfen kann,
Kriegt den Tribut, du kluger Mann. –
Fürchtest, den Arm zu verrenken? – Miau –
Worauf wartest du?“ – „Auf jene Wolke im Blau,
Dorthin will ich den Stecken jagen,
Und dann werde ich mich wacker mit euch schlagen!“
Das erschrockene Teufelchen stieg
Zum Großvater, erzählte von Trottels neuem Sieg.
Doch Trottel drohte der Höllenbrut
Mit dem Strick, denn er geriet aufs neue in Wut.
Das Teufelchen stieg wieder nach oben.
„Du kriegst den Tribut, sollst noch nicht toben!“
„Nein!“ das war Trottels Schrei,
„Jetzt bin ich an der Reih,
Jetzt sollst du, Sohn des Bösen,
Meine Aufgabe lösen!
Na, wie ist dir zumute?
Siehst du dort die graue Stute?
Die Stute heb an
Und trag sie eine Meile voran.
Gelingt es dir, dann ist dein der Tribut,
Gelingt es dir nicht, dann ist mein das Gut.“
Unter die Stute kroch
Das Teufelchen, seufzte: „Och!“
Mühte sich baß,
Wurde rot und naß,
Trug die Stute zwei Schritt weit mit Not,
Fiel um und lag da wie tot.
Der Trottel sprach: „Siehst du jetzt ein,
Daß du für mich noch viel zu klein?
Selbst mit den Armen hobst du sie kaum auf,
Ich nehm sie nur zwischen die Beine – und lauf!“
Er schwingt sich auf die Stute, brüllt
Und sprengt davon – in Staub gehüllt.
Das erschrockene Teufelchen stieg
Zum Großvater, erzählte von Trottels neuem Sieg.
Nichts zu machen, die Teufel brachten voll Wut
Dem Trottel in einem Sack den Tribut.
Der Trottel schleppt und stöhnt dabei,
Da sieht ihn der Pope. Mit einem Schrei
Versteckt er sich hinter seiner Frau
Und wird vor Angst ganz grün und blau.
Doch der Trottel findet ihn schon,
Liefert den Tribut ab und will seinen Lohn.
Der Pope, der Tor,
Kroch hervor.
Beim ersten Nasenstüberlohn,
Da sprang er bis zur Decke schon.
Beim zweiten Nasenstüber
War’s mit der Sprache vorüber,
Der dritte aber, der hat sacht
Den Alten um den Verstand gebracht.
Der Trottel sagte nur dabei:
„Das kommt von Geiz und Feilscherei!“

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