Kosak Platon

Im Jahre 1812 fiel der Franzose Napoleon über
den russischen Zaren her. Wie eine dunkle Wolke
jagte er seine Truppen über das Land, brannte die
Dörfer und Städte nieder und tötete die Menschen.
Da versteckten sich die Menschen in den
Wäldern und Sümpfen, jagten all ihr Vieh dorthin
und vergruben ihr Hab und Gut in der Erde. Die
Franzosen verwüsteten das ganze Land und plünderten
es aus, bis sie selbst vor Hunger umzukommen
drohten. Da aßen die Elenden Hunde und
Katzen, fingen Mäuse und Ratten, schossen Raben
ab und aßen allerlei ekelhaftes Getier. Kaiser Napoleon
selbst zog durch die Sümpfe und fing Frösche
und Schildkröten, um sich bei Kräften zu halten,
denn der Hunger ist kein guter Freund. Wen
er in seine Fänge bekommt, der möchte sich am
liebsten den eigenen Arm abnagen. So taumelten
die hungrigen Franzosen wie kranke Fliegen hin
und her und sammelten Schnecken und Käfer, um
sich wenigstens mit diesem Viehzeug den Magen
vollzuschlagen.
Nach und nach kamen die Leute aus dem Walde
zurück und töteten die Feinde.
Einmal hatten sich irgendwo Franzosen in einer
Hütte versammelt, um sich zu wärmen, da tauchte
plötzlich Kosak Platon auf und zündete die Hütte an allen Seiten an. Da wurden die Franzosen
wie Kartoffeln auf heißen Kohlen gebraten und
konnten nicht aus der Hütte heraus, denn er hatte
Pfähle gegen die Tür gestellt.
Platon wanderte kreuz und quer durchs Land,
und die Franzosen konnten ihn nicht fangen. Da
versprach Napoleon demjenigen ein großes Geschenk,
der den Kosaken erkennt und sein Versteck
verrät.
Aber niemand konnte ihn verraten, denn er flog
wie ein Adler, schwamm wie ein Hecht und rannte
wie ein Windhund.
So verkleidete er sich einmal als Kaufmann und
fuhr zu Napoleon, um ihm Brot zu verkaufen. Napoleon
empfing ihn und fragte: „Ach, du großer
Kaufmann, du kommst überall hin auf der Welt,
siehst alles und weißt alles, vielleicht hast du auch
Platon irgendwo getroffen!“
„Warum soll ich es verheimlichen? Ich kenne
ihn gut!“
Da regte sich Napoleon gleich auf und sah Platon
an. Der Kosak aber war kein Dummkopf und
zeigte ihm die Peitsche. Er holte mit der dreischwänzigen
Peitsche heftig aus, und schon rollte
die Krone auf die Erde. Platon aber sprang in den
Sattel und rief: „Fang Platon doch!“
So ein Kosak war er, daß er den Franzosen im
Gedächtnis blieb. Er ritt über die Felder, versetzte
die Armee in Furcht und Schrecken, brannte ihre
Hütten ab und stahl ihr die Kanonen. Er jagte Napoleons
Armee in die Beresina und ließ sie ertrinken.
So blieb Napoleon, der ein Millionenheer nach
Rußland mitgebracht hatte, allein zurück.
Der Kosak ritt über die Felder und gab seinem
Pferd freien Lauf. Das Getreide stand in vollen Ähren,
und ein Kreuz blitzte hinter dem Berg. Die
Sonne schien und wärmte, und der Schweiß lief
Platon von der Stirn. Da nahm er die Mütze ab
und pries Gott, weil er geholfen hatte, das französische
Heer aus der Heimat zu vertreiben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


sieben − 5 =

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>