Es war einmal eine Witwe, die hatte eine Tochter. Sie waren sehr arm. Sie arbeiteten nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere, denn die Mutter spann Werg. Die Tochter aber war eine Faulenzerin und wollte nicht spinnen.
Die Mutter zwang sie zur Arbeit und schlug sie, wenn sie nicht arbeiten wollte. Einmal hatte die Witwe die Tochter wieder geschlagen. Sie saß und weinte, da kam ein junger Zarensohn vorbei. Als er sie erblickte, interessierte es ihn, warum ein so hübsches Mädchen weint. Da fragte er die Mutter: „Warum weint sie?“
Die Witwe sagte: „Sie spinnt gar zu gerne, aber ich bin arm und habe kein Werg.“
Da sagte er: „Gebt sie mir, ich habe drei Lager Werg. Soll sie dort spinnen! Dafür gebe ich Euch viel Geld.“
Die Tochter erschrak. Die Mutter aber beschloß, sie ihm zu geben. Da nahm sie der Zarensohn mit in sein Zarenreich.
Er brachte sie nach Hause und zeigte ihr das Werg, drei Lager voll. Nun war sie zwar erschrocken, aber sie konnte ja nirgends mehr hin.
So saß sie also wieder am Fenster und weinte. Da kamen drei Spinnerinnen vorbei. Als sie sahen, daß sie weinte, fragten sie: „Warum weinst du, Mädchen?“
Da erzählte sie ihnen: „Hier sind drei Lager Werg, und man hat gesagt, daß ich spinnen soll. Aber ich kann doch überhaupt nicht spinnen!“
Da sagten sie: „Weine nicht, wir helfen dir in deiner Not! Aber wenn du Hochzeit hast, mußt du uns einladen.“
Da antwortete sie: „Wenn Hochzeit ist, lade ich euch ein.“
Sie gingen in das Lager und begannen das Werg zu spinnen. Die eine Spinnerin hatte einen Finger, der war so dick wie ein Balken. Die andere hatte eine Lippe, die war so dick wie ein Hut, und es war schrecklich, sie anzusehen. Die dritte aber hatte ein Bein, das war so dick wie ein Balken. Sie spannen das Werg in kurzer Zeit und gingen dann fort.
Der Zarensohn kommt in das Lager und sieht, daß dort, wo vorher Werg war, Garn liegt. In allen drei Lagern war das Werg versponnen.
Da verliebte er sich so in das hübsche „fleißige“ Mädchen, daß er beschloß, sie zu heiraten. Als sie nun alles zur Hochzeit herrichteten, bat das Mäd-chen den Zarensohn um Erlaubnis, ihre drei Tan-ten zur Hochzeit einzuladen. Er erlaubte es. Als die Hochzeit begann, lud sie die drei Spinnerinnen ein. Die Spinnerinnen kamen und setzten sich ne-ben die Jungvermählten. Als der Zarensohn sie ansah, erschrak er und fragte: „Warum habt Ihr einen so dicken Finger?“
Da antwortete die erste Spinnerin: „Das kommt vom vielen Wergrupfen.“
Da fragte er die zweite: „Warum habt Ihr so ei-ne dicke Lippe?“
Da sagte sie: „Das kommt vom vielen Werganfeuchten.“
Da fragte er die dritte: „Warum habt Ihr so ein dickes Bein?“
Da sagte sie: „Das kommt vom vielen Spinnraddrehen.“
Er schaute auf die drei Spinnerinnen und auf seine hübsche junge Frau und sagte: „Bis zu mei-nem Tode werde ich meiner jungen Frau nicht erlauben, Werg zu spinnen.“
Die Hochzeit ging zu Ende, die drei Spinnerinnen gingen wieder fort, und die faule Frau des Za-rensohns hat nie wieder gesponnen.
Die drei Spinnerinnen
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