Es war einmal ein russischer Zarensohn, Iwan Iwanowitsch, der spielte sehr gern Karten. Hinter den Meeren, in irgendeinem Zarenreich, lebte Wassiliska Teufelsweib, die auch gern Karten spielte. Und dieser Iwan Iwanowitsch wußte auch, daß sie gern Karten spielte, er konnte zu ihr fah-ren und mit ihr Karten spielen. Sie spielten lange Zeit, und spielten so lange, bis Iwan Iwanowitsch, der russische Zarensohn, alles im Kartenspiel ver-loren hatte. Er hatte so viel verloren, daß auch die Zarenkrone verspielt war.
Als er nach Hause gefahren war, mauerte Was-siliska Teufelsweib die Krone in einen Ofen ein. Er fuhr zurück in sein Herrscherhaus und machte sich Vorwürfe. Dann sammelte er eine Rotte Sol-daten um sich und sagte: „Zieht durch mein gan-zes Zarenreich und holt mir einen Mann, der be-reit ist, meine Krone zu suchen.“ Ein Soldat ging in ein Wirtshaus, in ungefähr ein solches wie in Gorodischtsche, und fragte dort, ob jemand da sei, der die Zarenkrone suchen wolle. Da stieg ein Mann in dem Wirtshaus aus dem Ofen und melde-te sich: „Ich kann das!“
„Wer bist du?“
„Ich bin der listige Trunkenbold und große Säufer!“
Der Soldat bestellte ihm ein Glas Schnaps, aber da sagte der listige Trunkenbold: „Ach, du Soldat! Der listige Trunkenbold läßt sich’s lustig sein in der Kneipe und trinkt nicht aus einem solchen Gläschen.“
Und er zeigte ihm einen Eimer: „Das ist mein Glas!“
Als der Soldat sah, daß jener ein Reckenmensch war, da bemühte er sich um ihn. Er sah, daß sein Kittel schon alt war, kaufte ihm einen neuen und brachte ihn zum Zaren. Er führte ihn zum Zaren und sagte: „Seid gegrüßt, Eure Zarenhoheit!“
„Nun, wie heißt du?“ fragte der Zar.
„Ich heiße der listige Trunkenbold und große Säufer.“
„Kannst du meine Krone bei Wassiliska Teufelsweib suchen?“
Er antwortete dem Zaren: „Das kann ich, nur brauche ich dazu ein Regiment Soldaten, ein Schiff Pulver und die ganze Ausrüstung, die die Soldaten brauchen.“
Sollte der Zar da lange warten? Sie begaben sich auf das Schiff und fuhren über die Meere.
Sie fuhren vielleicht einen Monat und mehr und näherten sich dem Palast, machten aber ungefähr drei Werst vor dem Palast von Wassiliska Teufelsweib halt. Dann stieg der listige Trunkenbold ans Ufer, ging am Ufer entlang und befahl ihnen zu warten. Der listige Trunkenbold und große Säufer kam zum Palast. Rund um den Palast hatte sich ein großer Drache gewunden, der hielt den Schwanz mit den Zähnen. Wer in den Palast ging, den ließ er hinein, wer aber aus dem Palast he-rauskam, den ließ er nicht durch.
Der Drache ließ ihn hinein, und der listige Trunkenbold trat in das erste Zimmer. Als er eintrat, sah er die Zarenkrone, die im Ofen eingemauert war. Der listige Trunkenbold riß sie gleich heraus und versteckte sie unter seiner Jacke. Dann ging er zu Wassiliska Teufelsweib. „Sei gegrüßt, Wassi-liska Teufelsweib!“
„Sei gegrüßt, listiger Trunkenbold! Warum bist du hierhergekommen?“
„Ich habe gehört, daß Ihr gern Karten spielt.“
„Ja, das stimmt.“
„Dann gestattet mir, zum Schiff zu gehen. Ich habe dort ein Kartenspiel, mit dem Ihr die ganze Welt gewinnen könnt.“
„Nun, dann geh zum Schiff und hole mir dieses Kartenspiel!“
Sie ging auf den Hof und rief: „Wachhabender! Laß den listigen Trunkenbold und großen Säufer zum Schiff!“
Da ging er los. Er kam auf das Schiff und sagte zu den Soldaten: „Paßt auf, Jungs, Wassiliska Teufelsweib wird euch überfallen!“
Er selbst aber setzte sich in ein leichtes Boot und fuhr los. „Rudert! Fahrt los, so schnell ihr könnt, Jungs, und verteidigt euch mit der Waffe!“
Er fuhr los. Er fuhr einen Tag, vielleicht auch zwei, da wollte er gern etwas essen. Er stieg ans Ufer und ging am Ufer entlang. Dort stand eine Hütte. Er ging hinein, auf dem Tisch standen ein Kübel Kohl und ein Kübel Reis. Der listige Trunkenbold setzte sich an den Tisch und aß. Er aß, und es ärgerte ihn nur, daß er nicht wußte, wes-sen Tisch das war. Aber er aß weiter.
Als der listige Trunkenbold gegessen hatte, blieb er sitzen. Und warum blieb er sitzen? Mit der Hütte hatte es folgende Bewandtnis: Wer hinein wollte, den ließ sie hinein, aber heraus ließ sie niemanden. Er saß und wartete. Da kam der Be-sitzer dieser Hütte, ein einäugiger Recke, und sagte: „Ah, hier riecht es nach russischen Kno-chen!“
Er erwiderte: „Das sind keine russischen Kno-chen, das ist der listige Trunkenbold.“
„Ah! Du bist das, der listige Trunkenbold, der meine Schwester besiegt hat?“
Wassiliska Teufelsweib hatte nämlich ihre Leute zum Schiff geschickt, sie konnten es aber nicht erreichen, weil die Soldaten, die auf dem Schiff geblieben waren, aus Kanonen nach ihnen schossen. Wassiliska Teufelsweib hatte gewartet und gewartet, und schließlich hatte sie es nicht mehr abwarten können. Sie hatte sich auf einen eisernen Mörser gesetzt und war zum Schiff ge-flogen. Auf dem Schiff hatte sie sich niedergelas-sen, einen Soldaten gepackt und ihn gefragt: „Bist du der listige Trunkenbold?“
Als der Soldat sagte: „Ich bin der listige Trunkenbold“, ergriff sie ihn und verschlang ihn. So aß sie das ganze Schiff auf.
Unterdessen saß der listige Trunkenbold mit dem einäugigen Recken beim Mittagessen. Der einäugige Recke sagte: „Warum schaust du mich so an, listiger Trunkenbold?“
„Ich schaue dich so an“, sagte er, „weil du auf einem Auge schielst und mit dem anderen über-haupt nicht siehst.“
„Kannst du mich etwa heilen?“
„Ich könnte dich heilen, wenn du die Sachen hättest, die ich brauche.“
„Welche Sachen brauchst du denn?“
„Ich brauche ein Pud Stroh, eine gute eiserne Kette und einen Kessel!“
Da antwortete der einäugige Recke: „Ich habe alle diese Sachen.“
Er gab ihm zuerst den Kessel und dann Teer. Der listige Trunkenbold machte den Teer heiß und ließ ihn sehr heiß werden. Dann sagte er: „Bring die Kette!“
Er brachte ihm die Kette. Der listige Trunken-bold band den einäugigen Recken sofort mit der Kette. „Streck dich, wir wollen sehen, ob sie stark genug ist!“
Er streckte sich, und die Kette zerriß.
„Nein“, sagte er, „such eine stärkere!“
Der einäugige Recke brachte eine zweite Kette, und der listige Trunkenbold band ihn mit der zwei-ten Kette. „Streck dich noch einmal!“
Er streckte sich, und diese Kette gab nicht nach. Da setzte sich der einäugige Recke auf die Schwelle, damit der listige Trunkenbold nicht da-vonlaufen konnte.
„Jetzt mache die Augen weit auf!“ sagte der listige Trunkenbold. Er nahm einen Kübel, schöpfte Teer und goß ihm den in die Augen!
Da sprang der einäugige Recke auf und zerriß die Kette: „So also willst du mich heilen! Aber paß auf, du entkommst mir nicht!“ Er setzte sich wie-der auf die Schwelle und blieb dort sitzen.
Der einäugige Recke hatte einen Bock, den er so liebte, daß er sogar mit ihm spazierenging. Der listige Trunkenbold setzte sich auf diesen Bock und schlug ihn unter den Bauch. Wie da der Bock über die Schwelle sprang und über den Recken! Da schrie der einäugige Recke: „Kommst du, listiger Trunkenbold?“
„Ich bin schon draußen!“
„Und wer hat dich hinausgetragen?“
„Der Bock hat mich hinausgetragen.“
Da sprang der einäugige Recke auf, warf ein Beil hinter ihm her und rief: „Hier hast du auch mein Beil.“
Als der listige Trunkenbold das Beil mit einem Finger berührte, blieb dieser Finger am Beil hän-gen. Da schrie der einäugige Recke: „Hältst du es?“
„Ich halte es ein bißchen.“
Der listige Trunkenbold sah, daß es schlecht um ihn stand, da schnitt er – ritsch – den Finger ab und ging weiter.
Er ging und ging, immer am Ufer entlang, viel-leicht einen Tag, vielleicht auch zwei, und plötzlich stand da wieder eine Hütte. Er ging in die Hütte hinein. Auf dem Tisch standen ein Kübel Kohl und ein Kübel Grütze. Er setzte sich an den Tisch und begann zu essen. Als er ein wenig gegessen hat-te, kam der Recke Vielfraß und sagte: „Ach, hier riecht es nach russischen Knochen.“
Er aber sagte: „Das sind keine russischen Kno-chen, das ist der listige Trunkenbold.“
Da setzte sich der Recke Vielfraß auch zu ihm hin zum Essen und sagte: „Iß, iß, dann gehen wir los!“
Sie aßen, standen vom Tisch auf, da setzte sich der Recke Vielfraß auf die Schulter des listigen Trunkenboldes. Der trug ihn auch. Er trug ihn bis unter einen Apfelbaum und bat dann: „Laß mich auf den Apfelbaum steigen und Äpfel holen!“ Jener ließ ihn. Er stieg hinauf und holte für sich und ihn Äpfel. Dann setzte sich der Recke Vielfraß wieder auf seine Schulter, und der Trunkenbold trug ihn weiter. Er trug ihn zu einem anderen Apfelbaum. Wer die Äpfel von diesem Apfelbaum ge-gessen hatte, schlief ein. Da bat der listige Trun-kenbold den Recken Vielfraß: „Laß mich auch von diesem Apfelbaum Äpfel holen!“
Der Recke gestattete es. Er stieg hinauf, holte die Äpfel und gab sie ihm zu essen. Als der Recke gegessen hatte, schlief er sofort ein; und als der listige Trunkenbold sah, daß der Recke Vielfraß eingeschlafen war, ging er fort. Er ging und ging wieder am Ufer entlang und kam zu einem Berg, zu einem hohen Berg. Auf diesem Berg kämpften ein Löwe und ein Drache miteinander. Sie baten den listigen Trunkenbold, ihr Richter zu sein. Er entschied so: „Du, Drache, stell dich unter dem Berg auf, und du, Löwe, bleib auf dem Berg ste-hen. Du, Drache, reiß den Rachen auf, und wenn der Löwe vom Berg herunterläuft, verschluckst du ihn!“
Als der Löwe vom Berg herunter jagte, tötete der listige Trunkenbold den Drachen. Da sagte der Löwe: „Komm, listiger Trunkenbold, setz dich auf mich! Ich bringe dich in dein Zarenreich.“
So trug er ihn davon. Er brachte ihn zum Za-renpalast und sprach: „Listiger Trunkenbold, prahle nirgends damit, daß du auf einem Löwen geritten bist. Wenn du damit prahlst, daß du auf einem Löwen hergeritten bist, wird von dir nichts mehr übrigbleiben.“ Der listige Trunkenbold brachte dem Zaren die Krone und den Reichsapfel mit dem Kreuz darauf und reichte sie dem Zaren. Der Zar fragte ihn: „Was willst du dafür haben?“
„Ich möchte, daß mir überall, wohin ich auch gehe, die Wirtshäuser offenstehen.“ Was sollte der listige Trunkenbold auch schon weiter haben wollen?
Der Zar versprach es ihm.
Da betrank sich der listige Trunkenbold, und als er betrunken war, prahlte er damit, daß er auf einem Löwen hierhergeritten sei. Sowie er das gesagt hatte, waren die Wirtshäuser sofort alle geschlossen.
Der listige Trunkenbold
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