Der Herr und der Bauer

Es war einmal ein Bauer, der hatte viele Schafe. Im Winter lammte einmal ein großes, großes Schaf, und er nahm es mit seinem Lämmchen von draußen ins Haus hinein. Es ist Abend. Ein Herr kommt gefahren und bittet ihn um ein Nachtlager. Kam ans Fenster und fragt:
„Bauer, laß mich übernachten!“
„Werdet Ihr in der Nacht auch keinen Unfug anstellen?“
„Ich bitte dich! Wir brauchen nur ein Plätzchen, wo wir die dunkle Nacht verschlafen können.“
„Komm herein, Herr!“
Der Herr kam mit seinem Kutscher auf den Hof gefahren. Der Kutscher versorgt das Pferd, der Herr aber geht ins Haus. Der Herr hatte einen riesigen Wolfspelz an. Trat in die Hütte, sprach ein Gebet und verneigte sich vor den Bauersleuten:
„Ich wünsche euch Gesundheit, Bauer und Bäuerin!“
„Willkommen, Herr!“
Der Herr setzte sich auf die Bank. Das Schaf erblickte den Wolfspelz und guckt den Herrn an; guckt und klopft dabei mit dem Fuß, einmal, zweimal, und noch ein drittes Mal. Der Herr sagt:
„Bauer, warum klopft das Schaf mit dem Fuß?“
„Es glaubt, du bist ein Wolf; es wittert den Wolfsgeruch. Es fängt nämlich bei mir Wölfe; diesen Winter zum Beispiel hat es an die zehn gefangen.“
„Ach, da würde ich viel dafür geben! Ist es nicht verkäuflich? Für unterwegs wäre es mir nützlich.“
„Verkäuflich ist’s, aber teuer!“
„Ach, Bauer, mehr als Geld kann’s nicht kosten; ein Herr hat genug!“
„Na ja, überlegen kann man’s.“
„Und wieviel kostet es?“
„Fünfhundert Rubel!“
„Erbarme dich, das ist zuviel! Nimm drei Hunderter!“
Nun, der Bauer war’s einverstanden und verkaufte. Der Herr übernachtete, stand beim Morgengrauen auf und machte sich reisefertig; gab dem Bauern die drei Hunderter, nahm das Schaf, setzte es in den Schlitten und fuhr los. Fährt also. Da kommen ihnen drei Wölfe entgegen. Das Schaf sah die Wölfe und fängt gleich an, im Schlitten hin und herzuspringen. Der Herr sagt zum Kutscher:
„Wir müssen es loslassen; sieh nur, es ist schon ganz wild geworden. Es wird sie gleich gefangen haben.“ (Es hatte aber Angst.) Der Kutscher sagt:
„Warte noch ein wenig, Herr, es wird noch wilder werden.“
Die Wölfe waren mit ihnen auf gleicher Höhe. Der Herr ließ das Schaf los; das Schaf erschrak vor den Wölfen, flog davon, in den Wald hinein, und wedelte mit seinem kurzen Schwänzchen. Die Wölfe schossen ihm nach, daß der Schnee nur so stiebte, und der Kutscher will hinterher. Während er das Pferd ausspannte und dem Schaf nachsetzte, hatten die Wölfe das Schaf eingeholt, ihm das Fell heruntergerissen und waren im Wald verschwunden. Der Kutscher kam heran: Das Schaf liegt auf der Seite und das Fell daneben. Er kommt zu seinem Herrn. Der Herr fragt ihn: „Hast du etwas gesehen?“ „Ach Herr, das Schaf ist tüchtig! Ist über und über zerschunden, aber den Wölfen hat es sich nicht ergeben.“
Der Bauer hatte seine drei Hunderter bekommen, jetzt sitzt er da und erzählt dem Herrn Märchen, die drei Hunderter aber liegen in seiner Tasche.

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