Das geschwätzige Weib

Es lebten einmal ein Mann und eine Frau. Die Frau war furchtbar schwatzsüchtig, immer hatte sie etwas zu plappern. Er ging in den Wald, fand dort einen Schatz und fürchtet sich, es seiner Alten zu erzählen: die plappert es allen aus. Schließlich sagt er zu seiner Frau:
„Frau, ich habe einen Schatz gefunden. Nur sag es niemandem sonst setzt es für mich und für dich etwas von unserem Herrn!“
„Nein“, sagt sie, „ich werde niemandem etwas sagen.“
In der Nacht nahmen sie einen Spaten und gingen, den Schatz ausgraben.
Sie kamen hinaus aufs Feld. Die Frau hebt einen Pfannkuchen auf.
„Mann! Was ist denn das?“
„Halt den Mund! Heute hat es Pfannkuchen und Piroggen geregnet.“
Sie gehen weiter. Nun mußten sie eine Brücke überqueren; sie gehen über die Brücke. Im Fluß windet sich ein Hase im Fischnetz. Sie fragt ihn:
„Mann, was ist das?“
„Die Fischer unseres Herrn haben im Fluß einen Hasen gefangen!“
Sie gehen weiter. In einem Fuchseisen auf dem Felde windet sich ein Hecht.
„Mann, was ist das?“
„Die Jäger unseres Herrn haben einen Hecht im Fuchseisen gefangen!“
Sie gehen weiter und kommen zum Wald; dort meckerte ein Ziegenbock.
„Mann, was ist das?“
„Die Teufel scheren unserem Herrn im Walde den Bart!“
Er hatte das aber alles nur so gemacht, um sie hinters Licht zu führen. Sie kamen an die Stelle, gruben den Schatz aus, trugen ihn nach Hause und legten ihn unter den Ofen. Von nun an führten sie ein schönes Leben. Die Nachbarn fingen an zu fragen, woher sie so reich geworden wären.
Da verplapperte sie sich, daß sie einen Schatz gefunden hatten. Der Vogt erfuhr davon und erzählte’s dem Herrn. Der Bauer erfuhr, daß der Herr weiß, daß er einen Schatz gefunden hat, holte den Schatz unter dem Ofen hervor und versteckte ihn im Keller. Nun läßt der Herr ihn rufen und fragt:
„Du hast einen Schatz gefunden? Deine Frau erzählt, daß du einen gefunden hast!“
Er sagt:
„Sie ist nicht ganz bei Troste; geruht nur sie zu rufen und sie zu fragen.“
Der Herr befahl, die Frau zu rufen. Sie kam. Der Herr fragt:
„Ist es wahr, daß dein Mann einen Schatz gefunden hat?“
„Die reine Wahrheit, Väterchen!“
„Wo hat er ihn denn?“
„Zuerst hat er in einer Schüssel unter dem Ofen gelegen, aber jetzt weiß ich nicht, wo er ist.“
„Wann hat er ihn denn gefunden?“
„Erinnert Euch nur, Herr, als es Pfannkuchen und Piroggen geregnet hat!“
Der Herr denkt: „Vielleicht ist sie wirklich nicht ganz bei Troste?“
„Erinnert Euch doch, als Eure Fischer im Fluß den Hasen gefangen haben!“
Der Herr schweigt und sieht sie nur immer an.
„Erinnert Euch doch, als Eure Jäger den Fisch im Fuchseisen gefangen haben!“
„Was erzählst du da für Unsinn?“
„Ja, erinnern sich Euer Gnaden nicht, wie die Teufel im Walde Euer Gnaden den Bart geschoren haben?“
Der Herr wurde böse auf sie und ließ sie auspeitschen. Und von der Zeit an war der Mann mit seiner Frau zufrieden.

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