Andrej der Jäger

In irgendeinem Zarenreich, in irgendeinem Staat lebte einmal ein Zar, und der war ledig. Das heißt, er hatte zwölf Jäger bei sich, und einer war der Jäger Andrej; der schoß einen Falken im Fluge und war Oberjäger. Und ihre Jagd verlief wie folgt: Sechs Tage arbeiteten sie für den Zaren, den siebenten Tag aber für sich persönlich.
So hatte Andrej fünf Jahre bei dem Zaren zuge-bracht und immer bei der gleichen Arbeit. Da schien ihm, der Verdienst sei zu klein, er wollte fortgehen. Dann dachte er:
„Ich will doch noch diesen Monat bleiben, will noch einmal für mich selbst jagen, dann gehe ich fort.“
Und so geht er einmal für sich auf die Jagd, an einem siebenten Tag. Ging hinaus, lief den ganzen Tag im Wald umher und sah niemanden. Dann kommt er schon in die Nähe der Stadt, da sieht er: ein Falkenweibchen sitzt auf einem Baumstamm.
„Dann wollen wir wenigstens die schießen.“ Er schoß also, verwundete sie, und sie fiel zu Boden. Er hob sie auf und wollte ihr den Kopf abdrehen, da begann das Falkenweibchen mit Menschen-stimme zu sprechen und sagt:
„Hört zu, Jäger Andrej, reißt mir nicht den Kopf ab, sondern tragt mich nach Hause. Wenn du mich nach Hause gebracht hast und dich hinsetzt, um Tee zu trinken, lege mich aufs Fensterbrett. Dann werft mich zum Fenster hinaus und paßt auf, was geschieht. Wollt Ihr, dann nehmt’s für Euch, wenn nicht, dann gebt’s den Leuten.“
Als er nun seinen Tee trank, legte er sie aufs Fensterbrett, dann warf er sie zum Fenster hin-aus. Da wurde auf einmal ein Mädchen daraus, schön wie eine Blume. Er sieht sie an und bringt kein Wort heraus.
Sie fragte:
„Nun, wie steht’s, Jäger Andrej, gibst du mich den Leuten, oder nimmst du mich für dich?“
„Für mich nehme ich dich.“
„Für dich, nun gut, nur versteh mich zu halten!“
Sie kam herbei und lebte von nun an bei ihm. Sie hatten eine Woche miteinander gelebt, da sagt sie:
„Andrej, Ihr lebt gewiß ärmlich?“
„Ja, wie du selber siehst.“
Da sagt sie:
„Hör zu, Andrej, hast du unter deinen Bekannten welche, die dir mit hundert Rubeln aushelfen würden, dann geh hin und bitte sie. Wenn du dann dieses Geld hast, geh in ein Geschäft und bring mir hundert Arschin Seide, ich werde dar-aus einen Teppich sticken.“
Andrej ging sogleich zu einem bekannten Kaufmann, der hieß natürlich auch Iwan.
„Hört“, sagt er, „gebt mir bitte zwanzig Rubel.“
„Wozu brauchst du sie?“
„Du weißt doch selber, bin in Not.“
„Was willst du schon mit zwanzig Rubel, da, ich geb dir vierzig.“
Er bedankte sich bei ihm und ging zu einem anderen bekannten Kaufmann.
„Höre, Freund, gib mir zwanzig Rubel, ich brauch sie nötig.“
„Was willst du schon mit zwanzig Rubeln, Andrej; hier, ich gebe dir vierzig.“
Er nahm sie und hatte schon achtzig; nun brauchte er noch zwanzig. Er ging hinaus und sucht einen dritten Kaufmann auf.
„Hör zu, Freund, hilf mir mit zehn Rubeln aus.“
Der gab ihm zwanzig. Nun hatte er hundert. Als er das Geld hat, geht er in ein Geschäft, kauft hundert Arschin Seide und bringt sie seiner Frau:
„Hier, schöne Jelena, ich hab die Seide gebracht.“
Da sagt sie zu ihm:
„Von wem hast du das Geld genommen, von einem Kaufmann oder von dreien, und wieviel hat dir jeder gegeben?“
„Beim ersten, dem Kaufmann Iwan, habe ich um zwanzig gebeten, er hat mir vierzig gegeben, beim zweiten habe ich um zwanzig gebeten, er hat mir vierzig gegeben, beim dritten zehn, er hat mir zwanzig gegeben, und so habe ich hundert Rubel.“
„Hör zu, Andrej, wenn du zu Gelde kommst und es zurückgibst, gib auch das Doppelte. Von wem du zwanzig erbeten hast, und er gab vierzig, dem gib achtzig, und so bei jedem.“
Andrej ging auf Arbeit, für sechs Tage, und sie machte sich an ihre Arbeit, begann den Teppich zu sticken. Als Andrej sechs Tage auf der Jagd gewesen war, kommt er heim, und in dieser Zeit hatte sie den Teppich fertiggestickt. Andrej kommt, versteht sich, am Sonnabend, und am Sonntagmorgen gibt sie ihm den Teppich und sagt:
„Hier, Andrej, geh auf den Markt und verkauf den Teppich; setz aber keinen Preis fest, was man dir gibt, das nimm!“
Er nimmt den Teppich und will gehen, da sagt sie:
„Hör zu, Andrej, wenn du das Geld bekommen hast, zahl doppelt soviel zurück, wie sie dir gegeben haben.“
Andrej der Jäger nimmt den Teppich und geht los zum Markt. Kommt auf den Markt, hat den Teppich mit, rollt ihn auf, und es versammelten sich so viele Leute, diesen Teppich zu betrachten, daß schon kein Durchkommen mehr war. Und keiner bietet einen Preis, alle sehen ihn nur an. Und auf diesem Teppich war folgendes abgebildet: ein Wald war darauf, Flüsse, Seen, das Meer, Vögel, Fische und alles, was es auf der Welt gibt. Da stehen sie nun alle. Danach fügte es sich, daß der Leiboffizier des Zaren gefahren kommt:
„Nun, was steht ihr hier zusammen, macht Platz!“
Natürlich drängte er sich gewaltsam durch die Menge und bestaunte den Teppich. Der Leiboffizier betrachtete den Teppich drei Stunden lang, und er gefiel ihm sehr, und er fragte:
„Wem gehört dieser Teppich, und wieviel kostet er?“
Da tritt Andrej zu dem Leiboffizier und sagt:
„Das ist mein Teppich.“
„Und wieviel kostet er?“
„Was ihr geben wollt, das nehme ich.“
Da sagt der Leiboffizier des Zaren:
„Also hör zu, Andrej, ich will dir dreißigtausend geben, ist das genug?“
„Genug.“
Er holt das Geld aus der Tasche, gibt’s ihm und geht fort. Da ging Andrej zu dem ersten Kauf-mann und gibt ihm achtzig Rubel; der Kaufmann fragt:
„Warum denn achtzig, Andrej? Ich habe dir vierzig gegeben.“
„Weil ich euch um zwanzig bat und ihr mir das Doppelte gegeben habt, deswegen will ich auch das Doppelte zahlen.“
So auch beim zweiten Kaufmann, so auch beim dritten. Die Kaufleute bedankten sich bei Andrej, und er bringt das restliche Geld nach Hause, zu seiner Frau.
„Hier, Lenotschka, ich hab dir das Geld gebracht.“
„Und wieviel hast du bekommen?“
„Dreißigtausend.“
„Hast du das Geld zurückgezahlt?“
„Hab’s zurückgezahlt.“
„Nun, Andrej, siehst du jetzt, was ich verdient habe?“
„Ja, ganz ordentlich.“
„Jetzt kannst du ein schönes Leben führen.“
Als nun dieser Leiboffizier des Zaren den Tep-pich an die Wand gehängt hat, muß doch gerade der junge Zarewitsch zum Leiboffizier kommen und den Teppich betrachten. Als der junge Zarewitsch den Teppich betrachtete, gefiel er ihm sehr, und er fragte:
„Woher hast du diesen Teppich, Leiboffizier? Für wieviel hast du ihn gekauft?“
„Ich habe ihn auf dem Markt gekauft und drei-ßigtausend bezahlt.“
„Bei wem?“
„Bei Andrej dem Jäger.“
„Verkauf ihn mir, ich will dir fünfunddreißigtausend geben.“
Der aber sagt:
„Bitte, nimm ihn, ich werde zu Andrej gehen und einen neuen bestellen.“
Er bekam also das Geld, und am Abend, gegen zehn Uhr, geht er zu Andrej einen Teppich bestellen. Als er zu Andrej kommt, hat sich Andrej schon schlafen gelegt, und die Tür war verschlos-sen. Er kommt also hin und klopft. Andrej sagt:
„Wir müssen aufmachen, Lenotschka, da ist wohl jemand. Ich will gehen, mich anziehen und aufmachen, wahrscheinlich jemand von den Dienern des Zaren.“
Sie sagt:
„Andrej, du hast dich schon zur Ruhe gelegt, dich ausgezogen, schlaf du also, ich will gehen und selber aufmachen.“
Sie kommt zur Tür und öffnet. Als sie nun die Tür aufgemacht hatte, blickte der Leiboffizier des Zaren sie an; den einen Fuß hat er über die Schwelle gesetzt, aber den anderen setzt er nicht darüber, ist ganz stumm und kann kein Wort mehr sprechen. Da fragt sie ihn:
„Weswegen seid ihr gekommen, Leiboffizier des Zaren, braucht ihr ihn für euch selber, den Andrej, oder für den Zaren? Ihr wißt ja selbst, er hat sich schlafen gelegt, und morgen früh muß er auf Arbeit für den Zaren gehen.“
Er aber schwieg immer weiter. Lange wartete sie auf eine Antwort, schließlich konnte sie nicht länger warten, drehte ihn an den Schultern herum und schloß die Tür. Er schwieg noch immer und machte sich auf den Heimweg. Als er schließlich über hundert Saschen weg war, fiel ihm ein:
„Ach, ich war doch gegangen, einen Teppich zu bestellen, und hab’s vergessen; nun, der Andrej hat eine schöne Frau, ein wahres Bild.“
Wie er zu Hause ist, kommt gerade der Zarewitsch.
„Nun, wie steht’s, hast du den Teppich bestellt?“
„Eben nicht!“
„Warum nicht?“
„Ich hatte andres als den Teppich im Sinn; An-drej hat eine so schöne Frau, ich hab mich selbst ganz vergessen, eine solche Schönheit ist das!“
Da sagte der Zarewitsch zu ihm:
„Schön, da werde ich selber gehen und den Teppich bestellen und mir ansehen, was für eine Frau Andrej hat.“
So ging der junge Zarewitsch gegen acht Uhr zu Andrej. Als er hinkam, hatte sich Andrej schon ausgezogen und will sich gerade wieder schlafen legen. Die Tür ist selbstverständlich verschlossen. Als geklopft wurde, sagt er, der Andrej:
„Schöne Jelena, ich muß an die Tür; ich zieh mich gleich an und gehe.“
„Nein, nein, Andrej, Ihr habt Euch schon ausge-zogen, ich gehe selbst aufmachen.“
Als Jelena zur Tür kam und die Tür aufmachte, setzte der junge Zarewitsch einen Fuß über die Schwelle; und wie er ein solches Bild vor sich sah, erstarrte er und blieb stehen. Sie sah ihn lange an, dann fragte sie:
„Was ist, junger Zarewitsch, welche Bitte habt ihr an Andrej, sagt’s bitte, ich warte. Ihr wißt selbst, Andrej muß ausruhen und früh auf Arbeit gehen.“
Er brachte kein Wort heraus, der junge Zarewitsch, blickte sie nur immer an. Sie dreht ihn an den Schultern herum:
„So geht, junger Zarewitsch, wenn ihr nichts sagen könnt. Andrej muß schlafen.“
Und er ging hinaus. Als er ein kurzes Stück ge-gangen war, fiel ihm ein:
„Ei, ei, was für eine schöne Frau der Andrej hat; ich muß sie Andrej um jeden Preis wegnehmen, oder vielleicht gibt er sie mir im guten.“
Als er nach Hause kommt, versammelt er seine Bojaren und beginnt mit ihnen zu reden:
„Auf welchem Wege kann man Andrej die Frau wegnehmen: ihn hinrichten geht nicht, die Frau gewaltsam wegnehmen geht nicht, nun, mit einem Wort, man muß irgendeinen Auftrag aussin-nen.“
Und alle waren einverstanden, ihm einen solchen Auftrag zu geben, daß er auf seine Frau verzichtet oder sie durch diesen Auftrag freiwillig abtritt. Nun begannen sie nachzudenken. Lange dachten sie nach, es fiel ihnen aber nichts ein. Schließlich übernahm es einer seiner Höflinge, für zehntausend Rubel innerhalb von drei Tagen eine Aufgabe für ihn zu ersinnen.
.Wenn du was weißt, gebe ich dir das Geld.“
Und der Zarewitsch gibt ihm den Auftrag. Holt das Geld heraus.
„Wenn Euch nichts einfällt, dann ist’s am dritten Tag um Euern Kopf geschehen.“
Und mit diesen Worten ging er aus dem Zimmer. Der Höfling dachte zwei Tage nach, es fiel ihm nichts ein, und er glaubt sich in Gefahr. Am dritten Tag ging er in den Wald:
„Fällt mir was ein, dann fällt mir was ein, wenn nicht, häng ich mich auf, um meinen Kopf ist’s sowieso geschehn.“
Er geht also im Wald umher, betrübt und trau-rig, und es fällt ihm nichts ein, am Abend aber
nach Hause zu gehen, hat gar keinen Zweck. Auf einmal begegnet ihm eine Alte und sagt zu ihm:
„Nun, lieber Mann, so in Gedanken?“
Er antwortet ihr grob:
„Laß mich gefälligst in Ruhe!“
Ging vorbei, aber besann sich:
„Ich sollte doch die Alte fragen, vielleicht weiß sie etwas.“ – „Vergib das derbe Wort, Großmütterchen, vielleicht weißt du, worüber ich nachden-ke?“
Da sagt sie zu ihm:
„Hör zu, mein Lieber, und merk dir für die Zukunft: an alten Leuten rennt man nicht vorbei. Geh und sag dem Zaren: Andrej soll durch drei-mal neun Länder ziehen, ins dreimal zehnte Reich, auf die Insel Bujan, und soll das Lamm mit dem goldenen Kopf herbringen. Man soll ihm ein Schiff geben, das leckt, und eine Besatzung, die trinkt; geht er dorthin, kommt er nicht zurück. Und als Frist soll man ihm vier Monate geben, nicht mehr; er wird auf seine Frau verzichten.“
Da bedankte sich der Höfling bei der Alten und sagt:
„Danke, ich will gleich gehen.“
Kommt zum Zaren und sagt:
„Eure Majestät, ich habe etwas ausgedacht. Man soll Andrej folgenden Auftrag geben: Andrej soll durch dreimal neun Länder, durch dreimal neun Leiden ziehen, ins dreimal zehnte Zarenreich, auf die Insel Bujan, und soll das Lamm mit dem goldenen Kopf herbringen. Man soll ihm ein Schiff geben, das leckt, und eine Besatzung, die trinkt; geht er dorthin, kommt er nicht zurück.“
Da sagte der Zarewitsch zu ihm:
„Nun, schönen Dank!“
Sogleich schickt er einen Diener, Andrej zu holen.
„Ruf ihn her! Was wird er mir zu sagen haben?“
Als der Diener hinkommt und verkündet, der Zar läßt Euch rufen, überlegt er:
„Weswegen läßt mich der Zar rufen?“
Er sagt zur schönen Jelena:
„Nun, ich weiß nicht.“
Jelena sagt:
„Hör zu, Andrej, geh zum Zaren, er hat einen Auftrag für dich, ich weiß. Wenn du zum Zaren kommst, wird er zu dir sagen: ‚Hör zu, Andrej, gibst du mir deine Frau, dann gebe ich dir keinen Auftrag und sage nichts. Wenn du sie nicht her-gibst, bekommst du einen Auftrag.’ Wenn du hinkommst, dann sag ihm: ‚Schön, beladet ein Schiff mit Wein und Brot.’ Und laß dich mit ihm auf keine andere Frist als vier Monate ein.“
Unser Andrej ging also zum Zaren. Kommt zum Zaren und begrüßt ihn.
„Hör zu, Andrej, was ich dir zu sagen habe. Gib mir deine Frau. Wenn du sie hergibst, sage ich dir nicht, welchen Auftrag ich für dich habe; wenn du sie nicht hergibst, bekommst du einen Auftrag.“
Andrej antwortet dem Zaren wie folgt:
„Ich habe für mich geheiratet. Eure Majestät, und nicht für andere Leute, und ich bin nicht ein-verstanden. Beladet ein Schiff mit Brot und Wein.“
Sie machten mit ihm eine Frist von vier Mona-ten aus.
„Wenn du’s nicht schaffst, kommt dein Kopf von den Schultern“, bestimmte der Zar.
Mit diesen Worten ging er aus dem Zimmer.
„Nun“, denkt er, „meinen Kopf werde ich nicht lange mehr tragen, in vier Monaten kann ich nichts holen.“
Andrej kommt nach Hause und weint bittere Tränen.
„Nun, Jeletschka, ich werde dich nicht wieder-sehen.“
Da antwortet sie ihm:
„Geh nur, Andrej, das ist ja kein Auftrag, son-dern ein Aufträgchen, der Auftrag kommt erst noch. Wir wollen essen, leg dich schlafen, und der Morgen ist klüger als der Abend.“
Sie aßen also ihr Abendbrot; sie legte sich mit ihm schlafen, schlief ein wenig, ruhte bis Mitter-nacht, stand dann auf, zog aus der Tasche ein Zaubertuch und winkte mit ihm. Da sprangen drei Burschen heraus:
„Welchen Dienst sollen wir für dich tun, schöne Jelena?“
„Hört zu, Burschen, was es zu tun gibt: Ihr müßt innerhalb von zwei Stunden durch dreimal neun Meere, durch dreimal neun Leiden eilen ins dreimal zehnte Reich, auf die Insel Bujan, und von dort das Lamm mit dem goldenen Kopf herbringen.“
Die Burschen brachten nach zwei Stunden das Lamm mit dem goldenen Kopf an, sie nimmt’s, packt’s in eine Kiste, legt sie an ihr Kopfende und legt sich schlafen. Sie schliefen bis sechs Uhr. Je-lena stand zuerst auf, machte den Samowar heiß und weckte ihn dann:
„Andrej, steh auf, du mußt vor der Reise noch etwas trinken und essen.“
Als Andrej etwas getrunken hatte, machte er sich zur Fahrt bereit und brach in Tränen aus.
„Jeletschka, auf Wiedersehen, ich werde dich nicht mehr sehen!“
„Andrej, weine nicht, du glaubst, der Zar kriegt mich, nein, der kriegt mich sowenig zu sehen wie seine eigenen Ohren.“
Sie gibt ihm das Kistchen.
Da nimmt Andrej das Kistchen:
„Wenn du auf dem Schiff bist, werden zwei Monate vergehen, und es wird stilles Wetter sein. Während dieses Wetters mach die ganze Besatzung betrunken, so daß auch nicht einer nüchtern ist, und wende das Schiff. Wenn du zurück-kommst, nun, begreife doch, in diesem Kistchen ist das Lamm mit dem goldenen Kopf; das gibst du dem Zaren.“
Nun nahm er Abschied und brach in Tränen aus. Sie nimmt ihr Tuch aus der Tasche, wischt die Tränen ab und sagt:
„Nun geh, Andrej, hab keine Angst, ich werde nirgendshin verschwinden.“
Nach diesen Worten ging Andrej zum Hafen.
Kaum war Andrej fort, da schickte der Zarewitsch eine Abteilung Soldaten zu der schönen Jelena. Die suchten lange nach ihr, durchwühlten das ganze Haus, hoben die Dielenbretter in die Höhe, konnten sie nicht finden und meinten, An-drej habe sie mitgenommen.
Andrej kommt nun zum Hafen, da war das Schiff schon bereit. Er besteigt das Schiff, und sie fahren übers Meer.
Ganze zwei Monate zog er über das Meer, dann trat eine Windstille ein, und er sagt:
„Wißt ihr was, Burschen, aus Anlaß des schönen Wetters wollen wir zusammen eins trinken.“
Und es begann bei ihnen ein großes Trinkgelage.
Als er sie alle betrunken gemacht hatte und es auf dem Schiff still war, trat er hinters Ruder und wendete vorsichtig das Schiff. Es wehte ein günstiger Wind, und er sagt:
„Hört zu, Burschen, kann jemand von euch ans Ruder gehen?“
„Hör mal, Jäger Andrej, aufstehen können wir, nur der Kopf tut weh.“
„Nun ja, da müssen wir einen zum Nüchternwerden trinken.“
Sie tranken ein wenig und fuhren dann weiter, setzen ihren Weg fort. Sie fahren also, das Wetter ist sehr schön, und es weht ein günstiger Wind. Sie fuhren und fuhren, und auf einmal näherten sie sich ihrem Land. Als sie in ihrem Land angekommen sind, fragt ihn die Besatzung:
„Nun, Jäger Andrej, wo sind wir gewesen, weswegen sind wir ausgezogen, wie haben wir nur immer getrunken, weswegen sind wir zurückgekommen in unser Land, haben wir das mitgebracht oder richtiger, haben wir bekommen, wes-wegen wir ausgezogen sind?“
Er aber antwortet ihnen:
„Ja, wie denn, Burschen, könnt ihr euch wirklich nicht erinnern?“
„Wie sollen wir uns erinnern, wo wir alle betrunken waren.“
„Wir haben’s bekommen.“
„Na, Gott sei Dank!“
Mit diesen Worten gehen sie an Land. Sobald sie an Land sind, begegnet ihnen der junge Zare-witsch, den Säbel in der Hand, und geht auf ihn zu. Als Andrej den Zarewitsch begrüßt hat, sagt der:
„Nun, wie steht’s, Andrej, hast du’s bekommen?“
„Hier, ihr könnt selber nachsehen!“
Und gibt ihm das Kistchen. Der Zarewitsch nahm’s und ging nach Hause. Und Andrej ging auch nach Hause. Wie er sich seinem Hause nähert, kommt Jelena auf die Treppe herausgelaufen, umarmt ihn, küßt ihn und führt ihn ins Zimmer, der Samowar stand schon bereit. Da setzten sie sich, um Tee zu trinken. Jeletschka fragt:
„Nun, Andrej, wie war’s?“
„Es ist ganz gut gegangen.“
„Du mußt noch ein zweites Mal ausziehen.“
Es waren noch keine zwei Tage vergangen, da erfuhr der junge Zarewitsch, daß bei Andrej die Frau ist.
„Um jeden Preis muß ich ihm seine Frau wegnehmen!“
Er rief jenen Höfling, er solle ihm eine andere Aufgabe ausdenken. Der Höfling sagt:
„Schön, Eure Majestät, ich werde bald etwas ausgedacht haben.“
Und er geht wieder, jene Alte zu suchen. Geht durch den Wald. Sobald er die Alte erblickt hatte, blieb er gleich stehen.
„Nun, mein Freund, wie steht’s, war Andrej dort?“
„Ja, er war dort.“
„Nun, Andrej zu betrügen ist nicht schwer, aber seine Frau betrügt man nicht so schnell.“
„Nun, denk jetzt einen anderen Auftrag für ihn aus, Großmütterchen.“
Die Alte antwortete:
„Schön, ich hab bald etwas ausgedacht. Andrej soll wieder durch dreimal neun Länder, durch dreimal neun Meere ins dreimal zehnte Zarenreich ziehen, auf die Insel Bujan, und soll das Schwein-chen mit den goldenen Borsten herbringen. Man soll ihm eine Besatzung geben, die trinkt, und ein Schiff, das leckt. Geht er dorthin, kommt er nicht zurück.“
Mit diesen Worten kam der Höfling zum Zare-witsch.
„Eure Majestät, ich habe wieder etwas ausgedacht: Andrej soll durch dreimal neun Länder, durch dreimal neun Leiden ziehen, ins dreimal zehnte Reich, auf die Insel Bujan, und soll das Schweinchen mit den goldenen Borsten herbringen. Man soll ihm eine Besatzung geben, die trinkt, und ein Schiff, das leckt. Und als Frist vier Monate, nicht mehr.“
Bald ruft er nun Andrej dringend zum Zaren. Der sagt zu Jeletschka:
„Wieder irgendwas, irgendein Unheil droht mir, man ruft mich wieder zum Zaren.“
Sie sagt:
„Sag dem Zaren, sie sollen wieder ein Schiff mit Wein und Brot beladen. Du weißt doch selber, du hast mich für dich genommen und nicht für ande-re Leute, nun versteh mich auch zu hüten!“
„Was wollt Ihr von mir, Eure Majestät?“
Der Zar sagt zu ihm:
„Hör zu, Andrej; wohin steckst du deine Frau, wenn du fortgehst?“
„Sie ist zu Hause bei mir.“
„Gib sie mir, sonst gebe ich dir wieder einen Auftrag.“
„Nein“, antwortet er, „ich gebe sie nicht her. Ich habe für mich selber geheiratet.“
„Schön. Wenn du sie mir also nicht geben willst, dann gebe ich dir den Auftrag, durch dreimal neun Meere, durch dreimal neun Länder zu ziehen, ins dreimal zehnte Zarenreich, auf die Insel Bujan, und bring mir das Schweinchen mit den goldenen Borsten. Wir geben dir eine Frist von vier Mona-ten. Bringst du’s nicht her, kommt dein Kopf von den Schultern.“
Da antwortet ihm Andrej:
„Na schön, Eure Majestät, beladet ein Schiff mit Wein und Brot, ich werde bereit sein.“
Mit diesen Worten ging Andrej hinaus und nach Hause. Wie er zu Jeletschka kommt, fragt ihn Je-letschka:
„Nun, was ist, Andrej?“
„Wieder ein Auftrag dorthin, wie das erste Mal.“
„Schon gut, Andrej, sei nicht traurig, der Morgen ist klüger als der Abend. Das alles, Andrej, ist noch kein Auftrag; wenn der dritte Auftrag kommt, bei dem müssen wir uns Gedanken machen.“
Da aßen sie ihr Abendbrot und legten sich schlafen. Sie schlief mit ihm bis zwölf Uhr. Um zwölf steht sie auf, zieht ihr Zaubertuch hervor, winkt damit, da erscheinen die drei Burschen und verneigen sich vor ihr.
„Was befiehlst du zu tun, Jeletschka?“
„Hört zu, Burschen: Eilt innerhalb von zwei Stunden ins dreimal neunte Zarenreich, in den dreimal zehnten Staat, auf die Insel Bujan, und bringt von dort das Schweinchen mit den golde-nen Borsten.“
Die Burschen verneigten sich und rannten los. Die zwei Stunden waren noch nicht einmal vergangen, da kamen sie zurück und brachten das Schweinchen angeschleppt. Sie nimmt das Schweinchen, verpackt es in eine Kiste und legt sich schlafen. Stand um sechs auf, machte den Samowar heiß und weckte Andrej:
„Steh auf, Andrej, du mußt noch etwas trinken, etwas essen und dich auf den Weg machen.“
Andrej trank den Tee, zog sich an und brach in Tränen aus.
„Nun, Jeletschka, wahrscheinlich werde ich dich nicht wiedersehen.“
„Weine nicht, Andrej, es wird nichts gesche-hen.“
Als er angezogen war, gibt sie ihm die Kiste:
„Hier, Andrej, nimm diese Kiste, darin ist das Schweinchen mit den goldenen Borsten. In zwei Monaten mach die Besatzung betrunken, wende das Schiff und komm zurück; du brauchst nir-gendshin zu ziehen, du hast alles in der Kiste.“
„Und wird der Zar dich finden?“
„Nein, er wird mich nicht finden; er kriegt mich genausowenig zu sehen wie seine eigenen Ohren.“
Als Andrej fortgefahren war, begab sich der Zarewitsch zu ihm nach Hause, wühlte alles durch, hob die Fußböden in die Höhe, nahm die Öfen auseinander, durchwühlte alles, was es zu durchwühlen gab, doch sie war nicht da.
„Wahrscheinlich hat Andrej sie mitgenommen“, denkt er.
Andrej hatte sich also nach dem Schiff aufgemacht. Kommt hin, besteigt das Schiff, und so machten sie sich auf die Reise. Sie fuhren zwei Monate, bis eine Windstille eintrat, das heißt ruhi-ges Wetter. Als das Wetter ruhig geworden war, machte er seine ganze Besatzung wieder betrunken, und als es auf dem Schiff schon still war, geht er ans Ruder, wendet das Ruder und fängt dann an, die Besatzung aus dem Schlaf zu wekken:
„Steht auf. Freunde, es muß jemand, wenn möglich, steuern!“
„Steuern ist gut, Herr, aber der Kopf tut so weh.“
„Na schön, dann trinkt eins auf euren Rausch!“
Nun näherten sie sich ihrem Land. Immer näher kommt ihr Land, und sie fangen wieder zu fragen an:
„Jäger Andrej, wie steht’s, haben wir das be-kommen, weswegen wir ausgezogen sind?“
„Haben’s bekommen.“
„Na schön, das ist gut.“
„Könnt ihr euch wirklich nicht erinnern?“
„Wie sollen wir uns erinnern, wo wir völlig betrunken waren.“
„Haben’s bekommen.“
Als sie nun angelegt hatten, gingen alle an Land, und schon kommt der junge Zarewitsch mit seinem Schwert und fragt:
„Nun, wie steht’s, Andrej, hast du’s bekommen?“
„Hab’s bekommen. Ihr könnt’s nehmen, Eure Majestät; hab’s ausgeführt.“
Und ging nach Hause.
Kaum ist er am Haus, da kommt Jeletschka auf die Treppe herausgesprungen, küßt ihn und führt ihn in die Stube. Der Samowar war schon bereit, und sie setzten sich an den Tisch. Nun trinken sie Tee, und sie fragt:
„Nun, Andrej, wie war’s?“
„Es ist ganz gut gegangen.“
„Nun, das ist recht, und so wird’s auch künftig sein.“
Noch waren keine zwei Tage vergangen, da erfuhr der Zarewitsch schon, daß bei Andrej die Frau ist. Er ließ den Höfling suchen, damit er eine dritte Aufgabe ausdenken und Andrej seine Frau wegnehmen sollte, koste es was es wolle. Sie fan-den den Höfling, und der Zarewitsch sagt zu ihm:
„Hör zu, Freund, denk noch eine dritte Aufgabe für Andrej aus!“
Er antwortet:
„Schön, ich brauch nicht lange etwas für ihn auszudenken.“
Er hofft schon auf die Alte. Danach ging der Höfling wieder in den Wald. Lange ging er so, dann trifft er die Alte:
„Guten Tag, Großmütterchen!“
„Guten Tag, Söhnchen!“
Sie fragte ihn:
„Nun, wie steht’s, hat’s Andrej ausgeführt?“
„Hat’s ausgeführt.“
„Hm, Andrej zu betrügen braucht man nicht lange, aber seine Frau betrügt man nicht. Nun, macht nichts, jetzt werde ich trotzdem etwas aus-denken, werde ihn für sieben Jahre von seiner Frau trennen.“
Dann sagt sie zu ihm:
„Geh also zum Zaren und sage ihm folgendes: ,Andrej soll nach Weiß-nicht-wohin ziehen und das Weiß-nicht-was bringen. Gib ihm keine bestimmte Frist, nun, nicht weniger als sieben Jahre. Vielleicht versucht er’s gar nicht erst. In dieser Zeit aber kann der Zar die schöne Jelena heiraten.“
Na ja, sie weiß doch nicht, daß Jelena sich ver-bergen kann. Sogleich geht dieser Höfling zum Zaren und meldet:
„Also, Eure Majestät, Andrej soll nach Weiß-nicht-wohin ziehen und das Weiß-nicht-was brin-gen. Und gebt ihm keine bestimmte Frist. In die-ser Zeit aber könnt Ihr Euch seine Frau verschaffen.“
Als der Zar von dem Höfling diese Worte gehört hatte, schickte er in Ungeduld nach Andrej. Als der Bote zu Andrej kam, befahl er ihm, zum Zaren zu kommen, und zwar unverzüglich. Andrej antwortete:
„Ist gut.“
Und wieder sagt er zu seiner schönen Jelena:
„Jeletschka, der Zar hat sicher wieder etwas Schlimmes bereit.“
„Ja, sicher wieder einen Auftrag. Nun, lehne den Auftrag nicht ab, übernimm ihn, dann werden wir schon weiter sehen.“
Wie Andrej zum Zaren kommt, führt ihn der Zar in ein besonderes Zimmer und beginnt, ihn mit Wein zu bewirten; er will ihn betrunken machen, damit er schneller sein Einverständnis gibt. Aber seine Frau hatte ihm eingeschärft:
„Paß auf, Andrej, trink keinen Schnaps!“
Andrej schlug natürlich nicht ab, ging mit ihm zu Tisch, trank ein kleines Gläschen, und der Zar beginnt auf ihn einzureden.
„Hör zu, Andrej, gib mir deine Frau, ich verhei-rate dich mit einer hübschen Generalstochter, und du wirst ein glückliches Leben führen, ohne überflüssige Sorgen; wenn nicht, bekommst du wieder einen großen Auftrag.“
Andrej fand sich zu nichts bereit, zu keinerlei Zugeständnissen, und sagte:
„Ich will lieber gehen als meine Frau weggeben.“
Und Schnaps trank er überhaupt nicht mehr.
„Dann also, Andrej, gebe ich dir den folgenden Auftrag: nach Weiß-nicht-wohin zu ziehen und das Weiß-nicht-was zu bringen. Eine Frist lege ich nicht fest. Kommst du zurück und bringst es nicht mit, dann kostet es dich den Kopf.“
Andrej ging mit diesen Worten hinaus und kommt heim zur schönen Jelena. Kommt traurig und betrübt, mit Tränen in den Augen. Jeletschka fragte Andrej:
„Warum weinst du?“
„Wie soll ich nicht weinen, Jeletschka? Folgen-den Auftrag haben sie mir gegeben: nach Weiß-nicht-wohin zu ziehen und das Weiß-nicht-was zu holen.“
Sie antwortete ihm:
„Höre, Andrej, sei nicht traurig, trink, iß und leg dich schlafen: der Morgen ist klüger als der Abend, am Morgen wird alles klar sein.“
Sie aßen zu Abend und legten sich schlafen. Sie schlief nur ein wenig, stand auf, nimmt ihr Zau-berbuch zur Hand und beginnt zu suchen, wo das Weiß-nicht-was ist. Lange suchte sie, konnte es natürlich nicht finden, warf das Zauberbuch beiseite, nimmt ihr Zaubertuch, schüttelte es, und die drei Burschen sprangen heraus.
„Was befehlt Ihr, schöne Jelena?“
„Hört, Burschen, wißt ihr nicht, wo das Weiß-nicht-was ist?“
Der eine sagt: „Ich weiß es nicht.“ Der andere: „Weiß nicht.“ Alle wie aus einem Munde. Sie verbarg das Tuch in der Tasche, nimmt eine große Docke Wolle und beginnt, ein Knäuel zu wickeln. Als sie ein großes Knäuel gewickelt hatte – sie konnte es kaum umfassen –, trug sie’s vor die Tür und legte es auf die Treppe. So verbrachte sie die Zeit bis sechs Uhr morgens. Sie setzte den Sa-mowar an und weckte Andrej.
„Steh auf, Andrej, mein Lieber, die Arbeit war-tet schon auf dich – eine lange Reise!“
Sie setzten sich also, tranken Tee, und sie sagt:
„Höre, Andrej, auf der Treppe liegt ein Knäuel. Dieses Knäuel wird den Weg entlang rollen, und du geh ihm nach. Solange dieses Knäuel den Weg entlangrollt, geh; geh die ganze Zeit, bis das Knäuel zu Ende ist und der Faden auf dem Weg ausläuft; dort wirst du ein Schloß erblicken. In dieses Schloß geh hinein, dort wird man dich empfangen.“
Andrej bricht also auf. Sie hatte ihm eine Ta-sche zurechtgemacht, einen Reisesack, und er begann zu weinen:
„Jeletschka, ich werde dich nicht wiedersehen, weiß nicht, wohin ich gehe!“
„Mach dir keine Gedanken, Andrej, der Zar kriegt mich nicht, ich werde auf dich warten; frei-lich werden wir uns lange nicht sehen.“
Weiter sagt sie noch zu ihm:
„Hier nimm die Tasche. Wenn du in das Schloß kommst, wird man dich empfangen, dir zu essen und zu trinken geben und dich schlafen legen. Wenn du am Morgen aufstehst und dich wäschst, wird man dir ein Handtuch bringen, aber trockne dich nicht mit ihrem Handtuch ab, hol dein eigenes aus dem Reisesack und trockne dich damit ab.“
Er brach nun auf, ihretwegen war ihm sehr weh ums Herz, und er begann zu weinen. Sie tröstete ihn, trocknete ihm mit ihrem Tuch die Tränen, und sie gingen zusammen vor die Tür zur Treppe. Er ging hinab auf die Straße, und das Knäuel roll-te vor ihm her. Und so machte sich Andrej auf den Weg. Sobald der Zar erfahren hatte, daß An-drej fort war, stellte er sogleich an ihrem Haus eine Wache auf und begann, das ganze Haus zu durchsuchen. Aber finden konnte er sie nicht, wurde schließlich wütend und brannte das ganze Haus nieder.
Und Andrej ging seinen Weg immer weiter, das Knäuel aber rollte und wurde immer kleiner und kleiner. So wie Andrej lief, wurde das Knäuel im-mer kleiner und kleiner. Und Andrej war es schon leid zu gehen, immer dachte er an die schöne Je-lena. Er ging also und ging, setzte seinen Weg fort, und das Knäuel war klein geworden wie ein Hühnerkopf. Andrej wurde es schwer ums Herz, keine Menschenseele zu sehen; je kleiner das Knäuel wurde, um so schwerer wurde es Andrej ums Herz. Schon so klein war das Knäuel nun ge-worden, daß es auf dem Wege nicht mehr zu er-kennen war, und der Faden lief auf dem Wege aus. Andrej blickte auf, da steht ein Schloß vor ihm. Er geht zur Treppe, zur vorderen.
Wie er an der Treppe ist, kommen die Stufen herab zwei Mädchen zu ihm gelaufen, eine sieht aus wie die andere, wie seine Jeletschka, aber er wagte nicht, es zu sagen. Sie nehmen ihn bei der Hand und führen ihn ins obere Stockwerk. Als sie ihn hineingeführt hatten, legten sie sogleich kost-bare Tischtücher auf, brachten Getränke, süße Schnäpse und ausländische Weine herbei, gaben ihm zu trinken, zu essen und legten ihn zum Schlaf auf ein Daunenbett. Dann gingen sie.
Er schlief die ganze Nacht. Am Morgen kommen sie um acht gelaufen und wecken ihn. Als er aufgestanden war, brachten sie ihm Wasser zum Wa-schen und brachten ein Handtuch. Andrej wusch sich natürlich. Dann reichen sie ihm das Handtuch.
„Nein, Mädchen, ich habe ein Handtuch, mein eigenes, für die Reise.“
Er holt sein Handtuch aus dem Reisesack; kaum hatte er sein Gesicht mit dem Handtuch be-deckt, da entriß ihm eins der Mädchen das Hand-tuch und rannte davon. Und die andere hinterher. Andrej blieb in großer Betrübnis stehen und denkt:
„Was wird jetzt mit mir geschehen, warum hat sie mir bloß befohlen, mich mit meinem eigenen Handtuch abzutrocknen?“
Die Mädchen nun bringen das Handtuch zu ihrer Mutter und sagen:
„Hört nur, Mutter, unser Schwager Andrej ist gekommen.“
„Aha, weiß schon, weiß schon, weswegen er gekommen ist.“
Es war nämlich ihr Handtuch. Deswegen also hatte sie ihm befohlen, sich mit dem Handtuch abzutrocknen, damit sie wüßten, wer er ist und weswegen er kommt, deswegen hatte sie ihm eben befohlen, sich damit abzutrocknen. Die Alte sprang von ihrem Stuhl auf und geht zusammen mit ihren Töchtern zu ihm:
„Guten Tag, Schwiegersohn!“
„Guten Tag, guten Tag, Mütterchen!“
„Ich weiß schon, weswegen du gekommen bist. Der Zar will meine Jeletschka haben. Haha, das wird ihm nicht gelingen, dir aber will ich bei dem helfen, weswegen du gekommen bist; bleibe ein paar Tage bei mir. Das hat er sich so gedacht, der junge Zarewitsch, meine Jeletschka zu kriegen; er soll das Nachsehen haben, mag er auch hundert Jahre suchen, er wird sie nicht finden.“
Da setzte sich Andrej an den Tisch, begann zu essen und beruhigte sich.
Jetzt sagt sie:
„Schön, Schwiegersohn, bleib drei Tage bei mir, ich will mich ans Suchen machen.“
Und sie ging fort. Sie kommt also in ihr Zim-mer, nimmt ihr Zauberbuch zur Hand und begann nachzusehen, wo das Weiß-nicht-was ist. Sie sah lange nach, warf das Buch beiseite und raufte sich die Haare, konnte es nicht finden. Sie dachte lan-ge, lange nach und sagt:
„Endlich hab ich’s!“
Sie nahm zwei Besen und flog fort durch die Luft, flog einen Tag und eine Nacht, kam zurück und hatte es nicht finden können. Sie nimmt ihr Zauberbuch und beginnt wieder nachzusehen. Sah nach, sah nach, konnte’s nicht finden, warf das Buch beiseite und dachte nach. Dachte acht Stun-den nach und sagte:
„Jetzt hab ich’s gefunden, jetzt weiß ich, wo es ist. Großmütterchen Springbein lebt dreihundert Jahre im Sumpf, sie wird es bestimmt wissen, ich will doch zu ihr fliegen.“
Sie nimmt zwei Besen und fliegt fort. Als sie zum Großmütterchen Springbein in den Sumpf geflogen kam, fragte sie:
„Großmütterchen Springbein, weißt du, wo das Weiß-nicht-was ist?“
„Das weiß ich“, sagt sie.
„Dann sag’s!“
„Nein, ich sag’s nicht. Ich werde’s dann sagen, wenn du mich in gekochter Milch zum Feuerfluß trägst, dann werde ich es dir sagen, aber vorher sag ich’s nicht.“
Sie nimmt Springbein auf und trägt sie zu sich. Nimmt einen Krug Milch und beginnt, sie zu ko-chen. Als sie sie gekocht hatte, setzte sie dieses Großmütterchen Springbein, es war aber eine Kröte, hinein und geht zu ihrem Schwiegersohn.
„Nun, Schwiegersohn, zieh dich an, du mußt reiten, ich will dir mein Pferd geben.“
Unser Jäger Andrej zog sich also an und führt sein Pferd heraus. Die Alte sagt zu ihm:
„Flieg auf diesem Pferd bis zum Feuerfluß, am Feuerfluß aber wird das Pferd schon nicht mehr da sein, dann frag das Großmütterchen, wie du weiterkommst.“
Als er nun am Feuerfluß ankam, war das Pferd schon nicht mehr da. Allein der Krug war übrigge-blieben, und er zog die Kröte Springbein an einem Faden heraus. Als er sie herausgezogen hatte, sagt sie zu ihm:
„Steig auf mich auf, Andrej, ehe es zu spät ist!“
Er aber sagt zu ihr:
„Was fällt dir ein, Großmütterchen, du bist ja so klein, ich werde dich zerdrücken.“
„Los, steig auf!“
Lange sperrte er sich, stieg nicht auf, schließlich aber:
„Na schön, ich werde aufsteigen.“
Er stieg auf, die Kröte aber ging in die Höhe, immer höher, wurde größer als der Wald und saugte ihn ganz in sich hinein, nur der Kopf war noch zu sehen. Dann sagte sie:
„Nun halt dich schön fest!“
Die Kröte machte einen Satz und sprang über den Feuerfluß. Sie ließ ihn heraus. Er fragt sie:
„Großmütterchen, wo ist denn nun das Weiß-nicht-was?“
„So ist’s recht, wenn du nicht gefragt hättest, hättest du’s auch nicht erfahren. Jetzt will ich’s dir sagen.“
Und das Großmütterchen beginnt:
„Höre nun, wo das Weiß-nicht-was wohnt: geh diesen Weg, er wird dir freilich lang erscheinen, aber geh nur! Du wirst ein Haus – kein Haus se-hen, eine Scheune – keine Scheune, einen Raum – keinen Raum. Geh hinein, das Haus ist ganz und gar leer und zerfallen, nur ein Ofen steht darin. Geh in dieses Haus und stell dich hinter den Ofen. Es werden zwei Burschen kommen und sagen: ‚Schwager Naum, zu trinken und zu essen!’ Mu-sikinstrumente werden zu spielen beginnen, und perlenbestickte Tischtücher, Getränke, süße Schnäpse und ausländische Weine werden er-scheinen. Du aber bleib stehen, bis sie weggehen und das Zimmer ganz leer ist. Dann komm hervor und sage: ‚Schwager Naum, zu trinken und zu essen!’ Und du wirst ganz das gleiche bekommen. Wenn du beim Trinken und Essen bist, lade auch den Schwager Naum zu einem Gläschen ein. Dann wird er dich nie mehr verlassen. Das wird das Weiß-nicht- wer sein.“
Das alles sagte das Großmütterchen Spring-bein. Er bedankte sich bei ihr und machte sich auf den Weg. Lange zieht er so dahin, und schließlich sah er: ja, ein Haus – kein Haus, eine Scheune – keine Scheune. Er geht hinein – es ist ganz und gar leer und zerfallen, nur ein Ofen steht darin, und auf einmal sieht er, es kommen zwei junge Männer und sagen sogleich:
„Schwager Naum, zu trinken und zu essen!“
Und von irgendwoher erschienen perlenbestick-te Tischtücher, Getränke, süße Schnäpse und aus-ländische Weine, und das Zimmer veränderte sich, sah ganz anders aus. Als sie nun gegessen hatten und fortgegangen waren, war das Zimmer wieder leer. Da kommt Andrej hinter dem Ofen hervor. Als er hinter dem Ofen hervorgekommen war, sagte er:
„Schwager Naum, zu trinken und zu essen!“
Und es geschah ihm das gleiche, perlenbestickte Tischtücher erschienen, Getränke, süße Schnäpse, ausländische Weine und auch ein Wod-ka und ein Gläschen und alles, was das Herz be-gehrt. Da setzte er sich an den Tisch, begann zu essen und sagt:
„Schwager Naum, kann ich nicht noch ein zweites Gläschen haben?“
Schwager Naum reicht ihm ein zweites Glä-schen.
„Schwager Naum, laß dich von mir, dem Wan-dersmann, mit dem zweiten Gläschen bewirten.“
Als Schwager Naum das Gläschen ausgetrunken hatte, sagte er:
„Jäger Andrej, du hast mich mit einem Glä-schen bewirtet, nun gehe ich nie mehr von dir fort. Ich habe die zwei Dummköpfe dreißig Jahre gefüttert, aber noch keine verbrannte Brotrinde von ihnen zu sehen bekommen.“
„Schwager Naum, zeig dich l“
„Nein“, sagt der, „ich bin ein Geist, den nie-mand sehen kann. Ich bin Weiß-nicht-wer.“
Andrej also trank und aß und brach auf.
„Nun, wie steht’s, Schwager Naum, kommst du mit?“
„Natürlich, ich bleibe immer bei dir.“
„Wohin?“
„Laß uns nur gehen.“
Lange zog Andrej seinen Weg und fragte immer wieder:
„Schwager Naum, bist du da?“
„Bin da. Ich gehe nie von dir fort.“
Schließlich kommt Andrej ans Meer. Als er am Meer ist, sagt er:
„Schwager Naum, und wohin gehen wir jetzt?“
„Warte, Andrej, gleich kommt ein Schiff, mit dem werden wir fahren.“
Auf einmal kommt irgendwoher ein Schiff gefahren, ein Boot legt an und bringt ihn zum Schiff.
Er fragte:
„Schwager Naum, bist du da?“
„Bin da, bin da; ich gehe nie von dir fort.“
Nun, auf dem Schiff war keine Menschenseele, waren keine Leute.
„Was heißt das, Schwager Naum, wir haben keine Leute, wer von uns wird steuern, wir haben weder Steuerleute noch Matrosen.“
Da sagte Schwager Naum:
„Leg dich schlafen, ich komme schon alleine zurecht.“
Also legte sich Andrej hin, schlief ein wenig, steht auf. Schwager Naum sagt zu ihm:
„Nun, Andrej, wir werden an eine Insel kom-men, und an dieser Insel werden wir aussteigen, das heißt, uns dort ansiedeln.“
Sie kommen also zu dieser Insel, sogleich wird vom Schiff ein Boot heruntergelassen und bringt sie auf die Insel; das Schiff aber war schon ver-schwunden. Sie betreten also die Insel. Die Insel stand im Meer. Schwager Naum sagt:
„Hör zu, Andrej, auf dieser Insel werden wir ein Schloß bauen und es mit Gärten umgeben. An der Insel werden drei Schiffe vorbeifahren, die werden uns besuchen kommen.“
Schwager Naum baute also sogleich ein Schloß, legte ringsum Gärten an, und von nun an lebten sie dort. Und Schwager Naum sagt zu ihm:
„In zwei Tagen werden drei Schiffe hierher kommen. Die haben so etwas Seltsames noch nicht gesehen; dreißig Jahre fahren sie an dieser Stelle vorbei und haben nie eine Behausung gese-hen. Sie werden gerade hier haltmachen und zu uns kommen. Die Kapitäne auf diesen Schiffen haben drei Wunderdinge, die wir im Tausch gegen mich an uns bringen müssen. Sie werden einver-standen sein, aber ich gehe nie von dir fort. Wenn wir ihnen zu trinken und zu essen gegeben haben, machen wir sie ein wenig betrunken, sie werden mit ihren Wunderdingen prahlen und dich fragen: ,Was ist das bei dir für ein Schwager Naum?’“
Wirklich vergeht einige Zeit, und es kommen drei Schiffe gefahren. Alle liefen zusammen und wunderten sich:
„Was ist denn das, dreißig Jahre fahren wir schon, ein solches Wunder haben wir noch nicht gesehen. Jemand ist hierhergekommen, hat ein Schloß erbaut, das müssen wir uns ansehen!“
Sie machten also halt, alle drei Schiffe zusam-men; alle Kapitäne mit ihren Matrosen und Steu-erleuten ließen Boote herab und fuhren an Land. Als sie angelegt hatten und das Schloß betraten, empfing sie Andrej der Jäger und sagte:
„Schwager Naum, zu trinken und zu essen, die Seeleute bewirten!“
Und es erschienen perlenbestickte Tischtücher, Getränke, süße Schnäpse und ausländische Wei-ne.
Das alles war getan. Die Gäste setzten sich zu Tisch. Als sie Schnaps zu trinken begannen, be-kamen sie einen ordentlichen Rausch. Da beginnen sie nun, ihn zu fragen:
„Jäger Andrej, was ist das bei dir für ein Schwager Naum? Was ist das für ein Mensch, und hast du dich schon lange hier auf der Insel angesiedelt?“
Da sagt er zu ihnen:
„Das ist Schwager Naum – mein Freund, er führt alle meine Befehle aus, und wo immer wir uns ansiedeln wollten, dorthin würde ich mit ihm fahren.“
„Und was für ein Mensch ist er, könnte man ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen?“
„Ich weiß nicht. Ich habe ihn selber noch nicht gesehen; er ist ein Geist, den niemand sehen kann.“
Als sich die Gäste vollgetrunken hatten, began-nen sie zu prahlen. Der eine Kapitän sagt:
„Ja, Andrej, ich habe auch ein Wunderding; wenn es mir einfällt, habe ich da ein Beil und sage zu einem Baum: ‚Beil, ruckzuck, werd’ zum Schiff im Flug!’ Und im gleichen Augenblick geschieht’s.“
Da begann der zweite Kapitän zu sprechen:
„Ja, das ist ja ganz schön, aber ich habe einen Säbel. Wenn ich ans Ufer komme und schlage über das Wasser hin, entsteht eine kristallene Brücke. Schlage ich quer zum Wasser, geschieht nichts. Und wenn ich ein Schloß bauen will, da gehe ich auf einen schönen Platz, fahre dreimal mit dem Säbel im Kreise herum und mache ein Schloß, wie immer ich es haben will.“
Da sagt der dritte Kapitän zum zweiten:
„Ich habe ein schönes Ding. Es ist so ein kleines Rohr; wenn ich aufs Feld hinausgehe und pfeife, entsteht ein großes Heer, und was ich befehle, das tun sie.“
Als alle Kapitäne alle ihre Geschichten erzählt haben, sagt Schwager Naum zu Andrej, flüstert ihm ins Ohr:
„Höre, Jäger Andrej, gib mich zum Tausch; alle diese Dinge brauchen wir, und ich gehe nie von dir fort; sie werden einverstanden sein.“
Darauf sagt Andrej der Jäger zu den Kapitänen:
„Hört zu, Kameraden Kapitäne, laßt uns einen Tausch machen, ich gebe euch den Schwager Naum und ihr mir alle diese Dinge.“
Die Kapitäne überlegten eine Weile, besprachen sich untereinander und sagten schließlich:
„Ist recht.“
Und so hatten sie beschlossen:
„Kameraden, wir wollen es so machen: Wir gehen nach Hause, bringen unsere Frauen her und werden auf der Insel leben; Schwager Naum wird uns versorgen, und wir brauchen nicht zu arbeiten.“
Sogleich brachen sie zu den Schiffen auf, ihre Dinge zu holen. Als sie auf den Schiffen angekommen waren, nahmen sie die Dinge und fuhren wieder an Land. Unterdessen aber sagt Schwager Naum zu Andrej:
„Wenn sie wiederkommen, nimm sie in Emp-fang und mach sie betrunken; selber aber nimm ihre Dinge an dich und geh ans Ende der Insel.“
Wie sie also wiederkommen, diese Kapitäne, setzten sie sich zu Tisch, und es begann ein Trinkgelage. Die Kapitäne geben ihm ihre Dinge, er aber sagt zu Schwager Naum:
„Nun, Schwager Naum, bleib du jetzt bei den Kapitänen und diene ihnen, wie du mir gedient hast; ich gehe jetzt fort.“
Er verabschiedete sich, nahm die Dinge in Empfang und ging.
Ein Stück war er gegangen, da sagte er:
„Schwager Naum, bist du da?“
„Ich bin schon lange bei dir. Aber warte etwas, sie werden noch ein wenig trinken und dann ein-schlafen. Aufwachen werden sie auf nacktem Stein, anderes wird dort nicht mehr sein.“
Die Kapitäne tranken, bis sie einschliefen. Sie wachten auf, sprangen in die Höhe und waren auf nacktem Stein zurückgeblieben; nichts war mehr da, weder das Schloß noch die Gärten. Und von Andrej keine Spur.
Als Andrej ans Ende der Insel kam, fragt er Schwager Naum:
„Nun, Schwager Naum, was werden wir tun?“
„Das solltest du jetzt selber wissen; hast du das Beil?“
„Ja.“
„Nun, dann bau ein Schiff!“
Andre] suchte rasch einen Baum aus und tat einen Schlag mit dem Beil:
„Nun, ruck-zuck, werd’ zum Schiff im Flug!“
Im gleichen Augenblick war das Schiff fertig
und lag schon auf dem Wasser. Jetzt sagt er:
„Nun, Schwager Naum, wie kommen wir jetzt aufs Schiff?“
„Nun, du hast doch ein Ding?“
Er nimmt den Säbel, schlug über das Wasser hin, und es entstand eine Brücke. Sie gingen zum Schiff hinüber. Er schlug quer, nahm die Brücke fort, und sie fuhren auf dem Schiff davon.
Sie fuhren nun lange oder kurze Zeit, niedrig oder hoch, nah oder fern und fahren und fahren die ganze Zeit. Andrej kommt in eben das Land, aus dem er ausgezogen war, und sieht: es ist’s.
Als sie am Ankerplatz angekommen sind, nimmt Andrej den Säbel, schlug über das Wasser hin, und es entstand eine Brücke. Die betraten sie und gingen an Land. Als sie am Ufer waren, gehen sie durch die Stadt, und Andrej geht zu den Häusern, wo sein Zimmer gewesen war. Als er hinsah und sich die Stelle betrachtete, da war alles niederge-brannt, und das Gras war schon darauf gewach-sen. Da blickte er auf und sagte:
„Nun, meine Jeletschka ist also tot, verbrannt hat sie der Wahnsinnige.“
Da wußte Andrej nicht, was er tun sollte. Er fragte also den Schwager Naum:
„Schwager Naum, und was werden wir jetzt tun?“
Schwager Naum antwortete ihm:
„Bau ein Haus, und deine Jeletschka wird sich finden.“
Da nimmt Andrej der Jäger den Säbel, dreht sich mit ihm einmal im Kreis herum und sagt:
„Nun, ein Schloß soll mir gebaut werden, noch dreimal schöner als das des Zaren.“
Und im gleichen Augenblick war das Schloß er-baut, mit einer Aufschrift aus Silber: „Jäger Andrejs Haus“.
Als er sah, daß das Schloß so herrlich gebaut war, ging er voll Freude ins obere Stockwerk und lief durch alle Zimmer. Schließlich kam er ins Schlafzimmer. Als er im Schlafzimmer war, zog er den Vorhang beiseite und sieht, Jeletschka schläft auf dem Bett. Er weckte sie, sie öffnete die Au-gen, sprang auf, küßte ihn ab und sagte:
„Bist du’s, den ich sehe, mein lieber Jäger Andrej?“
„Ich bin’s“, antwortete er. „Komm gleich mit in den Saal, wir wollen ein Begrüßungsessen veranstalten, und ich werde von meiner Fahrt erzählen!“
Als sie den Saal betreten hatten, setzten sie sich zu Tisch, und sie fragte:
„Nun, Jäger Andrej, hast du das Weiß-nicht-was gefunden?“
Er sagt:
„Ja.“
Dann sagt Andrej:
„Los, Schwager Naum, zu trinken und zu essen; wir wollen lustig sein; versorge dich, mich und meine Frau.“
Da fragt sie:
„Schwager Naum, wer bist du, zeig dich mir!“
„Nein, schöne Jelena, ich habe mich seit meiner Geburt niemandem gezeigt. Ich bin ein Geist, niemand kann mich sehen, ich bin das Weiß-nicht-was.“
Sie fragte nicht mehr. Jetzt fragt Andrej:
„Wie steht’s, Schwager Naum, was werden wir jetzt tun? Willst du zum Zaren gehen oder bei mir bleiben?“
Schwager Naum antwortet:
„Nein, Andrej, zum Zaren gehe ich nicht, der Zar hat mich nicht gefunden, sondern gefunden hast du mich, Jäger Andrej, und dir werde ich die-nen, mit dem Zaren aber werden wir anders abrechnen.“
Und Schwager Naum sagt zu ihm:
„Höre, Andrej, nimm das kleine Rohr, das wie eine Tabakspfeife aussieht, und komm mit aufs Feld. Wenn wir auf dem freien Feld sind, pfeife einmal!“
Andrej nimmt das Rohr und geht hinaus aufs freie Feld.
Als er auf dem Felde war, pfiff er sogleich auf dem Rohr. Und es ergoß sich ein so großes Heer, wie er es noch nie gesehen hatte; es wurde weder kleiner noch größer. Die Hauptatamane kommen zu ihm herangesprengt und verneigen sich bis zum Gürtel.
„Was wünschst du, Jäger Andrej?“
Er weiß nicht, was er ihnen sagen soll. Da sagt Schwager Naum zu Andrej:
„Befiehl ihnen, leere Granaten in die Stadt zu feuern, und laß den Zaren herausrufen, oder er soll ein Heer schicken.“
Als der Zar die Schreckensbotschaft hörte, ver-lor er den Kopf und weiß nicht, was er tun soll. Er schickt fünfundzwanzig Mann Soldaten, zu erkun-den was los ist, was sie wollen und was für ein Heer gekommen ist. Als diese Soldaten ankamen, fragt Andrej:
„Schwager Naum, was sollen wir mit diesen Soldaten machen?“
„Folgendes: zwanzig Mann mit den Haaren am Gras festbinden und fünf zurücksenden: schick uns nicht so wenig, schicke entweder ein Heer oder komm selbst.“
So machten sie es auch: zwanzig banden sie fest, und die übrigen schickten sie mit der Antwort zurück. Als die Soldaten zum Zaren zurückkamen und die Schreckensbotschaft berichteten, wurde der Zar sehr nachdenklich: was sollte er tun? Schließlich beschloß er, selbst hinauszureiten. Als der Zar auf das Feld kam, sah ihn Andrej der Jäger, und er sagt zum Schwager Naum:
„Schwager Naum, was wollen wir jetzt mit dem Zaren anfangen?“
Antwortet Schwager Naum:
„Ich meine, man sollte sehr einfach mit ihm verfahren: ihn hinrichten, und du wirst Zar.“
Andrej antwortet:
„Nein, Schwager Naum, hinrichten will ich ihn nicht, will nicht des Bösen gedenken, sondern lie-ber etwas anderes mit ihm machen und hören, was er sagt.
Als der Zar zu Andrej dem Jäger kam, erschrak er sehr und bat um Gnade.
„Jäger Andrej, mach mit mir, was du willst, nur schlag mir nicht den Kopf ab.“
Und er erblickte das riesige Heer.
„Ich will nichts von dir haben, nichts, was du gebracht oder nicht gebracht hast, ich will nichts haben, nur laß mich am Leben!“
„Nun gut.“
„Ich will dir meinen Thron übergeben, besteige den Thron, ich trete ab.“
Da sagte er zum Zaren:
„Nun gut, ich lasse dir das Leben, aber du sollst vierzig Jahre Hirte sein.“
Darauf pfiff er zweimal in sein Rohr, und das Heer war verschwunden.
Dann gingen sie in den Palast des Zaren. Der Zar übergibt ihm in Ruhe alle Geschäfte und ging selbst unter die Hirten.
Da bestieg Andrej der Jäger den Thron und be-gann Hochzeit zu feiern.
Als die Hochzeit zu Ende war, regierte er das Zarenreich bis in sein hohes Alter.

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